Razzia war rechtens

von Redaktion

Aktivisten scheitern mit Einspruch vor Gericht

VON ANDREAS THIEME

Immer wieder sorgten die Klima-Kleber der Letzten Generation mit ihren Blockadeaktionen für Aufsehen – und für Wut bei vielen Pendlern. Vor einem halben Jahr sind sie deshalb ins Visier der Fahnder geraten – die nahmen bei einer bundesweiten Razzia 15 Wohnungen und Geschäftsräume der Klima-Aktivisten unter die Lupe. Jetzt hat ein Gericht die Durchsuchungen für rechtmäßig erklärt. Gilt die Gruppe damit als kriminelle Vereinigung?

Die Staatsschutzkammer des Landgerichts München I habe zehn Beschwerden als unbegründet verworfen, einer weiteren nur teilweise stattgegeben, teilte ein Gerichtssprecher am Donnerstag mit. Dabei sei es aber nur um die Beschlagnahmung einzelner Gegenstände gegangen.

Das Amtsgericht habe ansonsten vor der Razzia im Mai zu Recht angenommen, dass es einen ausreichenden Anfangsverdacht dafür gebe, dass es sich bei der Letzten Generation um eine kriminelle Vereinigung handeln könnte. Maßgeblich für diese Einschätzung waren vier Aspekte: Die Letzte Generation sei eine auf Dauer angelegte Vereinigung, die ein gemeinsames Interesse durchsetzen wolle. Zudem seien Zweck und Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet, wenn auch nicht als Hauptzweck. Doch das reicht, um eine Behörden-Razzia zu rechtfertigen. Denn: Das Erscheinungsbild der Aktivisten werde durch Straftaten wie Nötigungen von Verkehrsteilnehmern oder Sachbeschädigungen „wesentlich mitgeprägt“. Diese Taten seien auch „eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit“.

Ob die Klima-Aktivisten tatsächlich eine solche Vereinigung gebildet haben, sei damit aber nicht endgültig entschieden, sagte ein Gerichtssprecher. „Das war keine Hauptverhandlung und es ist erst recht kein rechtskräftiges Urteil.“ Im Zuge der Ermittlungen und eines möglichen Gerichtsverfahrens könnten sich auch noch entlastende Momente für die Beschuldigten ergeben.

Zwar wurden Aktivisten der Gruppe in den vergangenen Monaten immer wieder von diversen Gerichten unter anderem nach Straßenblockaden verurteilt, meist aber wegen anderer Straftaten wie Nötigung. Bei einer Verurteilung wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung wären im Vergleich härtere Strafen möglich – unter Umständen bis zu fünf Jahren Haft oder empfindliche Geldstrafen.

Dazu dauern die Ermittlungen laut einem Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft München aber noch an. „Wir befinden uns im Verfahren immer noch beim sogenannten Anfangsverdacht“, sagte der Sprecher. Ergäben die Ermittlungen einen hinreichenden Tatverdacht, erhebe die Behörde Anklage. Ob es in dem Fall zum Prozess kommt, müsste dann wiederum das zuständige Gericht entscheiden. „Der Zeithorizont im Verfahren ist aber derzeit noch ganz schwer absehbar“, sagte der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft am Donnerstag.

Fürs Erste habe das Landgericht aber immerhin die Rechtsauffassung der Behörde zum Zeitpunkt der Razzia im Mai bestätigt. Gegen die Entscheidung kann auf dem ordentlichen Rechtsweg auch kein Rechtsmittel mehr eingelegt werden. Höchstens eine Verfassungsbeschwerde könnten die Gegner der Maßnahme noch einlegen.

Im Zuge der Razzia am 24. Mai hatten 170 Beamte in sieben Bundesländern 15 Wohnungen und Geschäftsräume der Gruppe durchsucht – konkret in Hessen im Landkreis Fulda, in Hamburg, Sachsen-Anhalt (Magdeburg), Sachsen (Dresden), Bayern (Augsburg und München), Berlin und in Schleswig-Holstein (Kreis Segeberg).

Unter den durchsuchten Objekten war auch die Wohnung der nach vielen TV-Auftritten bundesweit bekannten Sprecherin der Gruppe, Carla Hinrichs, in Berlin-Kreuzberg. „Mit gezogener Waffe stürmten die Beamt:innen in Carlas Zimmer, in welchem sie noch im Bett lag“, beklagte die Gruppe damals. Die Aktivisten wiesen zurück, kriminell zu sein. Die Razzia wurde vielfach als übertrieben kritisiert. mit dpa

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