Ein Fall für die alten Bekannten?

von Redaktion

INTERVIEW Alte Akademie: Expertin rät zu Investoren wie Schörghuber oder Inselkammer

Christiane Thalgott (81) war von 1992 bis 2007 Chefin der Münchner Stadtplanungsbehörde. In ihre Ära fallen u. a. die spektakulären Fünf Höfe, das Quartier auf der Theresienhöhe und die Messestadt Riem. Wir wollten von der am Starnberger See lebenden Professorin wissen, wie es jetzt mit der Alten Akademie im Herzen der Stadt weitergehen soll.

Frau Thalgott, Sie sprechen von einem „Klumpen-Risiko“, was die Alte Akademie angeht. Ein schönes Wort…

Das stammt allerdings nicht von mir, sondern ist ein Fachausdruck. Darunter versteht man im Finanzwesen, wenn sich die Ausfallrisiken enorm häufen. So wie bei Benkos Immobilien-Gebaren.

War Ihnen vor zehn Jahren, als er die Gebäude auf Erbpacht erwarb, das Risiko schon klar?

Ich war mir nie sicher, dass das klappt. Vor ein paar Jahren hatten die Hamburger in einer Broschüre teils den Vertrag veröffentlicht, die sie mit der Signa bezüglich des Elbtowers geschlossen hatten, und ich muss sagen: Der Vertrag war sehr schlau. Offensichtlich hat sich der Freistaat Bayern bei seinem Vertrag nicht so schlau verhalten. Individuen sind offensichtlich misstrauischer als Institutionen.

Auch weil Institutionen im Hinterkopf haben: Mei, das ist ja nicht mein Geld?

Nein, das glaube ich nicht. Beamte sind einfach nicht so misstrauisch – und wenn sie es doch sind, sitzen sie in der Regel nicht auf diesen entscheidenden Posten.

Und wie geht‘s nun weiter?

Man kann nur an die bekannten Investoren appellieren, das Grundstück zu kaufen. Ich denke da etwa an die großen Brauerei-Familien wie Schörghuber oder Inselkammer. Im Grunde hat die Zusammenarbeit bei Immobilien hier immer ganz gut geklappt, siehe zum Beispiel die Einführung von sozialgerechtem Wohnen in den 90ern.

Was halten Sie allgemein von Erbpacht?

Ich glaube, dass das eine gute Lösung ist. Ob sie nun 65 oder 99 Jahre dauert – sie sichert Einnahmen, aber man muss sich sicher sein, dass auch wirklich gebaut wird. Das war hier offensichtlich nicht der Fall.

Und wie sollte es jetzt ganz konkret weitergehen?

Ich appelliere an eine schnellstmögliche Zwischennutzung. Es kann nicht sein, dass hier im Herzen der Stadt über Jahre eine hässliche Zahnlücke steht. Bei Zwischennutzungen tun sich Behörden übrigens nicht schwer, weil alles Mögliche möglich ist. Allgemein gilt: Wenn man in der Stadt was macht, dann muss man immer die ökonomischen und auch gesellschaftlichen Bedingungen einfassen – also den gesellschaftlichen Frieden sichern und den Mittelstand nicht auspowern.

Hat denn Corona eine Rolle gespielt für das Desaster?

Nein, aber bei der Immobilien-Bewertung. Durch das Homeoffice wurde klar, dass viel weniger Büros gebraucht werden, die Arbeitsbedingungen haben sich massiv geändert. Was einst eine sichere Bank war, ist es heute keineswegs. Teils werden Büros in Wohnungen umgewandelt, dafür muss man investieren.

Hat der Freistaat das Pech gepachtet bei seinen großen Bauvorhaben? Der Ärger um die zweite Stammstrecke, die von Anfang an ein Fass ohne Boden war, außerdem noch das Desaster um den neuen Konzertsaal?

Das würde ich so nicht sagen. Die Bahn war schon vor zehn Jahren unheimlich kompliziert aufgestellt. Zu viele Häuptlinge, zu wenige Indianer. Die Leute haben ihren Laden nicht gekannt, und diejenigen, die ihn kannten, wurden entlassen. Ich erinnere mich, dass die Münchner U-Bahn-Bauer der S-Bahn mal Hilfe angeboten hatten, schließlich kennen die sich aus mit Bauen im Untergrund. Doch die wurde abgelehnt.

Das Gespräch führte Matthias Bieber

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