Der 14. März 1905 war ein wichtiger Tag für München. An diesem Datum wurde direkt gegenüber dem Hauptbahnhof ein ganz besonderer Bau eröffnet: das Kaufhaus Hermann Tietz, das seiner Zeit voraus war. Ein imposantes Gebäude: fünf Stockwerke, 20 Meter hoher Lichthof, riesige Glaskuppel! Seit 1905 gehörte der historische Hertie zum Herzen der Stadt. Künftig wäre er das geschichtsträchtige Pendant zum neuen Bahnhof gewesen. Schöne Pläne, die zuletzt aber wie Seifenblasen zerploppen.
Denn: Mit der Fertigstellung des Bahnhofs ist inzwischen wohl nicht mehr vor 2038 zu rechnen. Und die Zukunft für das traditionsreiche Kaufhaus liegt völlig im Ungewissen. Seit 2007 gehörte es zu Karstadt. 2014 übernahm der österreichische Großinvestor René Benko mit seiner Signa-Gruppe erst den Konzern und 2017 auch die historische Immobilie, die derzeit aufwendig saniert werden sollte. Dann kam die folgenschwere Pleite von Benkos Signa-Holding.
Wann die Arbeiten vis-à-vis vom Bahnhof eingestellt wurden, lässt sich nicht mehr konkret nachvollziehen. Auf der riesigen Baustelle ist es inzwischen gespenstisch ruhig geworden, das umzäunte Areal ist verlassen. Ein trauriger Zustand angesichts dessen, dass es in dem Prestigebau in diesen Tagen eigentlich vorangehen sollte. Er ist Teil der einst so großen Signa-Pläne für das Areal an der Schützenstraße. Ziel war es, den hinteren Neubau aus dem Jahr 1971 abzureißen und bis 2027 durch ein modernes Glas-Ensemble zu ersetzen. Der Altbau sollte zuvor kernsaniert werden. Zur Signa-Vision gehört sowohl gehobene Gastro als auch eine imposante Dachterrasse. Invest: 100 Millionen Euro.
Laut Planungsreferat liegt die Baugenehmigung seit Ende Mai 2022 vor. „Der Baubeginn wurde zum 4. Mai 2022 angezeigt“, erklärt Sprecher Ingo Trömer. Bis zum Sommer liefen die Arbeiten tatsächlich heuer auf Hochtouren: Sämtliche Stockwerke wurden entkernt. Außerdem haben Bagger die Verbindungsbrücke zum Neubau an der Schützenstraße schon gekappt. Das aufgerissene Gebäude erinnert an eine klaffende Wunde. Eine, die sich so schnell nicht mehr schließen wird. Die Signa Holding ist insolvent, gleiches gilt für bedeutende Tochterfirmen im Immobilienbereich.
Die Warenhäuser gehören zur Signa-Retail-Sparte – für die es düstere Prognosen gibt. Wie es für die Galeria-Karstadt-Kaufhof-Häuser nach dem lukrativen Weihnachtsgeschäft weitergeht: unklar.