Das Haus, das sich zusammenfalten lässt

von Redaktion

VON CARMEN ICK-DIETL

Noch bevor der Holz-Hybrid-Pavillon angeliefert wurde, wurden vier überdimensionale Stahlschrauben in den Boden nahe des Theodor-Heuss-Platzes gedreht. Auf diesem innovativen Fundament liegt das Häuschen auf. „Damit wird der Boden des Baugrunds nicht durch Beton versiegelt“, erklärt Timo Weil. Er ist Geschäftsführer des Start-up-Unternehmens WeOn aus Friedberg. Das Falthaus ist seine Erfindung.

Die Baubranche trage zu einem wesentlichen Anteil zu den heutigen weltweiten CO2-Emissionen bei, so Weil. „Das muss sich grundlegend ändern.“ Um klimaneutral zu bauen, brauche es neue Ansätze. Dazu will der Industriedesigner mit seiner Erfindung beitragen – kein Tiny-, sondern ein faltbares Midi-Haus.

Das „Faltwerkhaus“ besteht in erster Linie aus den Baustoffen, Holz, Lehm, Stahl und Glas – zirkulär und nachhaltig. „Und es ist mobil und komplett rückbaubar, es kann jederzeit an einen anderen Ort versetzt werden“, erläutert Weil. Matten heizen die Wände aus Lehmplatten, die die Wärme speichern. Das Flachdach wird begrünt und erhält darüber hinaus sogar Solarzellen. Damit hat das Haus eine autarke Energieversorgung.

Schon die Lieferung des Holz-Hybrid-Fertigbaus ist klimaschonend. Kompakt zusammengefaltet passt er in nur einen Lkw. Für ein normales Haus bräuchte man drei Fahrzeuge. „Wir brauchen auch keine großen Baustellenfahrzeuge.“ Das Paket wird vom Laster geschoben und zum Baugrund gerollt, justiert, festgeschraubt und auseinandergefaltet. Schon ist es bezugsfertig.

Das ausgeklügelte Faltsystem ist die Kerninnovation von Timo Weil. Die Technik einer Skelettkonstruktion aus faltbaren Massivholzrahmen hat er sich patentieren lassen. Sie ermöglicht großzügige Räume samt Küche und Sanitäreinrichtungen, Veranda und Dachterrasse wie in klassisch gebauten Häusern. Der Clou: Das Faltwerkhaus wächst quasi bei Bedarf mit. Denn es ist erweiterbar – sowohl in die Breite als auch in die Höhe. Das anpassungsfähige Haus gibt es in Größen zwischen 25 und 80 Quadratmetern. Damit ist es sowohl privat als auch fürs Gewerbe und anderes nutzbar. „Das ist kein Gartenpavillon, im Prinzip lassen sich ganze Siedlungen daraus zusammensetzen.“

Der Prototyp des Faltwerkhauses ist durch das EU-Projekt „Creating Neighbourhoods Together“ in Neuperlach gelandet. Das Programm, für das München 2022 den Zuschlag erhalten hat, hat zum Ziel, das Leben und Arbeiten in der Stadt zukunftsfähig, sozial gerecht und umweltfreundlich zu gestalten. Bis zum Frühjahr 2025 sollen Ideen und Projekte entwickelt werden, die das Viertel aufwerten, aber auch Vorbild für andere europäische Städte sein könnten. Der Falt-Pavillon soll als Innovationsraum, für Veranstaltungen und Workshops genutzt werden. Im Januar wird er offiziell eröffnet.

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