Im vergangenen Sommer ging es rund in der südlichen Au. Die Kolumbusstraße, die Schlotthauerstraße und der Edlingerplatz wurden zum Real-Labor der TU München. Von Mai bis Oktober fand ein drastischer Umbau zu einer autofreien Straße mit Rollrasenflächen, Bänken, Sitzwürfeln und einem großen Sandkasten statt. Nun das große Fazit, das aus Sicht von Mobilitätsreferent Georg Dunkel ernüchternd ausfällt: „In der Kolumbusstraße gab es genug Unruhe, hier machen wir erst mal nichts mehr.“
Eine Mehrheit von 60 Prozent hat die grüne Umgestaltung zwar genossen und mit sehr positiv oder positiv bewertet – so die wissenschaftlichen Ergebnisse, die jetzt im Münchner Verkehrsmuseum präsentiert wurden. Aber es gab auch massiven Gegenwind: 32 Prozent ärgerten sich und fanden den Test aqt (autoreduzierte Quartiere für einen lebenswerte Stadt) sehr negativ oder negativ. Das Experiment hat zwar das Bewusstsein für eine begrünte Umgebung geschärft, aber in Sachen bessere Nachbarschaft wenig gebracht.
Im Gegenteil: Die Mega-Sommerstraße hat die Nachbarschaft gespalten – und endete leicht verfrüht Mitte Oktober gerichtlich durch eine Bürgerklage. „Ich bin kein autofahrender Kinderhasser, ich habe gar kein Auto“, so Steffen Winkels, der den Versuch durch seine Klage schließlich stoppte. Die Stadt München einigte sich mit ihm auf einen Vergleich und baute die temporäre Bespielung der Straße zwei Wochen früher als geplant ab.
Winkels bleibt trotz dieses Erfolgs am Ball. Die Vorstellung der Projektergebnisse im Münchner Verkehrsmuseum am letzten Donnerstag nutzte er für eine der wenigen erlaubten Fragen an vier Mobilitätsexperten, darunter der Versuchsprojektverantwortliche der TUM, Benedikt Boucsein, und Georg Dunkel, Leiter des Münchner Mobilitätsreferats: „180 Mitbürger waren nicht glücklich über den Pilotversuch. Welche Lehren ziehen Sie?“
Die Antwort von Dunkel fiel schwammig aus, denn in der Kolumbusstraße wird es nächstes Jahr keine kleinere Sommerstraße oder eine andere Fortführung von aqt geben. Gelder gab es in der Au nur für ein einmaliges Leuchtturmprojekt.
Der Projektverantwortliche Benedikt Boucsein betonte: „Unsere Städte müssen deutlich grüner gestaltet werden, um den Herausforderungen der immer heißeren Sommer zu begegnen. Und wir brauchen mehr Platz für Radfahrer und Fußgänger.“ Dieser Platz sei aber gerade in München sehr begrenzt. Alle Wissenschaftler, die sich mit Stadtentwicklung und Mobilität beschäftigen, würden deshalb die These vertreten, dass deshalb das Auto weichen müsse.
Autofahren sei ein Überkonsum, meint Autor und Klima-Aktivist Heinrich Strößenreuther aus Berlin, der ebenfalls auf dem Diskussionspodium saß. „Ein solcher Megatest kostet viel Geld, erzeugt eine Menge Streit und verpufft“, so Strößenreuther. Er empfehle daher kleine Maßnahmen, die bleiben können.
Dunkel wirkte dagegen mutlos. Er hatte auf eine bundesweite Änderung des Straßenverkehrsgesetzes gehofft, die den Kommunen mehr Rechte gegeben hätte – dann aber nicht kam. Mit der Gesetzesänderung hätte das Mobilitätsreferat die Kolumbusstraße dauerhaft so wie im Test umbauen können.
Was genau der mehrheitlich grüne Stadtbezirk Au-Haidhausen jetzt hier plant, berichtet Bezirksausschuss-Chef Jörg Spengler. „An der Ecke Scholtthauer-/Entenbachstraße ist bereits eine kleine Fläche entsiegelt worden. Hier steht schon ein neuer Baum, nächsten Sommer wird es Hochbeete geben“, sagt der Grünen-Politiker. Am nördlichen Ende der Schlotthauerstraße soll „endlich der Schlotthauerplatz entstehen, den wir schon lange beantragt haben“. Nur eine Sommerstraße wird in der Kolumbusstraße 2024 nicht stattfinden.