Ein großer Festzug führte am 25. Mai 1925 zur Museumsinsel, die Wagen gaben die Richtung vor: alles Technik! Und genau der ist nun ein Buch gewidmet, in dem das Deutsche Museum seine Schätze präsentiert. Es versammelt bahnbrechende Erfindungen in Bild und kurzen Texten. Generaldirektor Wolfgang Heckl sagt: „Staunen Sie über das grenzenlose Potenzial des menschlichen Geistes!“ Das Beste: Dafür können Sie sitzen bleiben. Das Buch ist im Museumsshop und in Buchhandlungen erhältlich. Unsere Zeitung hat aus der Fülle der Exponate einige besonders spannende ausgesucht. Tauchen Sie doch mit ein in die Welt der Technik – und grenzenloser Geister.
Die Chiffrier-Maschine
Keine ist berühmter als die Enigma. Sie sah zwar aus wie eine Schreibmaschine, hatte aber kein Druckwerk, sondern ein Glühlämpchenfeld zur Anzeige. Kernstück sind die Chiffrierwalzen, mit denen der Buchstabenring und der Walzenkern verdreht werden können. Diese Position kann stets neu festgelegt werden. Der Walzenkern besitzt je 26 Metallkontakte, die unregelmäßig miteinander verdrahtet sind. So wird der Strom kreuz und quer durch die Walzen gelenkt. Theoretisch ergeben sich so unzählige (10 hoch 23) mögliche Start-Einstellungen. Die Maschine entstammt Arthur Scherbius’ (1878–1929) Firma. Schon 1918 ließ er seine Rotor-Schlüsselmaschine patentieren, ab 1930 setzte sie Hitlers Reichswehr ein.
Der frühe Offset-Druck
Heutzutage schwören Werbe-Formate, Magazine und Verpackungen auf den Offset-Druck, der hohe Qualität und Präzision vereint und sich besonders gut für hohe Auflagen eignet. Diese Technik gründet auf Prinzipien der Lithografie (altgriech. lithos = Stein, graphein = schreiben), die Ende des 18. Jahrhunderts vom Münchner Alois Senefelder (1771–1834) erfunden wurde. Dabei machte sich Senefelder das Prinzip der Abstoßung von Fett und Wasser zunutze. Weil Steinplatten unter der Druckerpresse brachen, konstruierte der Wissenschaftler die Stangenpresse mit einem Reiber. Wegen ihrer Form wird sie auch „Galgenpresse“ genannt.
Die Kernspaltung
Mit ihren Geräten führten unter anderem Lise Meitner (1878–1968) und Otto Hahn im Jahr 1938 zum ersten Mal die Spaltung von Atomkernen durch. Das Physikerteam versuchte eigentlich, durch den Beschuss von Uran-Atomen mit Neutronen schwerere Elemente zu erhalten.
Dabei erlebten sie eine Überraschung: Bei der chemischen Analyse wurde das Element Barium nachgewiesen. Meitner erklärte das Ergebnis mit einem Prozess, bei dem sich der Urankern einschnürt und in zwei nahezu gleich große Fragmente teilt: die Kernspaltung. Seit 1952 stehen die Geräte im Deutschen Museum.
Der Sprechapparat
Wie lässt sich Sprache künstlich erzeugen? Wolfgang von Kempelen (1734–1804) weiß es. Er entwickelte um 1780 einen Sprechapparat und führte ihn danach auf Reisen in Europa vor. Das faszinierte die Leute, viele bauten die Erfindung nach. Das Stück im Deutschen Museum ist wohl das älteste seiner Art.
Es imitiert Teile unserer Sprechwerkzeuge, der Kasten verbirgt die Tonerzeuger-Technik. Ein Blasebalg sorgt für die Luft, ganze Wörter waren darstellbar.
Berühmt ist auch Kempelens Schachtürke: Allerdings verbarg sich in diesem Automaten ein menschlicher Spieler – also eher unwissenschaftlich…
Die Automatenfigur
Seit dem 16. Jahrhundert sind die Menschen fasziniert von einer Erfindung, die wie von Zauberhand „KI“ hervorbringt: Roboter. Die im Buch gezeigte Automatenfigur stellt einen predigenden Mönch dar. Sie ist ein sehr frühes Zeugnis ihrer Art und um 1560 in Südeuropa gebaut worden. Die Figur funktioniert mechanisch und vollführt verschiedene wiederkehrende Bewegungen. Die Füße trippeln (in Wahrheit rollt die Figur auf Rädern), die Arme und der Kopf drehen sich. Auch Mund und Augen können sich bewegen, was eine präzise Mechanik im Kopf der Figur übernimmt. Große Literatur zum Thema: Goethe (Faust 2), E.T.A. Hoffmann (Der Sandmann) und, ganz aktuell, Thomas Willmann (Der eiserne Marquis).
Der Otto-Motor
1876 wurde nicht nur die Deutsche Reichsbank gegründet, sondern auch der Viertaktmotor zur Anwendungsreife entwickelt. Nicolaus Otto (1832–1891) nahm ihn am 9. Mai in Deutz versuchsweise in Betrieb, nachdem er bereits seit 1862 daran experimentiert hatte. Ein Gasgemisch wird angesaugt und verdichtet, wodurch pro Arbeitstakt mehr Brennstoff verbrannt wird – und die Leistung steigt. Dieser Motor wird später als „Typ A“ bezeichnet – der erste Viertakter, der in großer Stückzahl gefertigt wird.
Das Buch
„Das Deutsche Museum“ versammelt auf 342 Seiten und mehr als 250 Bildern bahnbrechende Erfindungen, die im Haus zu sehen sind. Erhältlich unter anderem im Museumsshop.