„Die Politik hat lange genug geredet, jetzt reden wir!“: Oberbayerns Bauernpräsident Ralf Huber aus Allershausen (Kreis Freising) hat die Nase voll von politischen Debatten – jetzt müssten Zeichen gesetzt werden. Bayerns Bauern wollen am kommenden Montag in München ihrem Zorn über die geplanten Streichungen der Bundesregierung zu Lasten der Landwirte Luft machen. Wie berichtet, will die Ampel-Koalition die Subventionen beim Agrardiesel kürzen und die Steuerbefreiung von Fahrzeugen in der Land- und Forstwirtschaft streichen.
Auf dem Odeonsplatz werden sich nach Angaben des Bayerischen Bauernverbands (BBV) mindestens 5000 erzürnte Landwirte aus der Region versammeln – mindestens 1000 Traktoren sollen den Verkehr auf der Ludwigstraße blockieren. Zusammen mit der Vereinigung „Land schafft Verbindung“ hat der Bauernverband parallel zu angekündigten Protesten überall im Land zu Demonstrationen aufgerufen. Im Osten Deutschlands wird auch mit Blockaden von Autobahnen gerechnet – Aktionen, die vom Bauernverband nicht befürwortet werden.
In Erding gehen die erzürnten Landwirte bereits am morgigen Donnerstag auf die Straße. Auf dem Volksfestplatz wollen 500 Landwirte mit 300 Schleppern dagegen protestieren, dass die Einsparungen auf dem Rücken derer gemacht werden, „die das Land mit Nahrungsmitteln versorgen“, sagt Erdings BBV-Kreisobmann Jakob Maier. Zum Generalstreik am Montag in München erklärt der Landwirt aus Niederding: „Es geht uns nicht darum, das Land lahmzulegen. Das steht uns nicht zu. Aber wir müssen die Bevölkerung aufklären, dass wir in unserer Berufsausübung immer weiter eingeschränkt werden.“
Bayerns Bauernpräsident Günther Felßner macht klar: „Beide Maßnahmen müssen zurückgenommen werden und zwar vollständig!“ Es gebe Signale aus der Politik, dass man sich Kompromisse vorstellen könne – „das diskutieren wir nicht. Wir sind nicht kompromissbereit, weil wir über die vergangenen Jahre mehrfach als Bauernopfer hingehalten haben.“ Die Landwirte hätten den Tierwohl-Umbau zu schultern, der vier Milliarden Euro jährlich koste – „da kriegen wir dann eine Milliarde Euro in vier Jahren, da fehlt das Geld hinten und vorne“. Es gebe Kürzungen bei Dorferneuerung und Flurneuordnung von 300 Millionen Euro – „wir leisten längst unseren Beitrag zur Sanierung des Bundeshaushalts.“ Jetzt kämen noch Mauterhöhung und CO2-Bepreisung hinzu. Wenn eine Bundesregierung trotz höchster Steuereinnahmen keinen ordentlichen Haushalt hinbekomme, „dann möge man Platz machen für Leute, die dazu in der Lage sind“.
Für nicht akzeptabel hält der Bauernpräsident aber auch die Versuche von rechts- und linksradikalen Gruppen, die Bauernproteste für ihre Zwecke zu missbrauchen. „Wir wollen auch nichts beschädigen, wir wollen sauber und ordentlich unsere demokratischen Grundrechte in Anspruch nehmen.“ Es werde die ein oder andere Beeinträchtigung geben – „dafür bitten wir um Verständnis“. Sollte die Bundesregierung auch nach dem 15. Januar – da wird es noch einmal eine große Demo in Berlin geben – nicht einlenken, denken die Bauern auch an „Eingriffe in die Infrastruktur“. Bis dahin soll es in ganz Deutschland Aktionen und Veranstaltungen geben – allein in Bayern sind noch hunderte Demos geplant. Am 10. Januar wird es in Augsburg und am 12. Januar in Nürnberg weitere zentrale Aktionen geben. Felßner ist davon überzeugt, dass die Proteste nicht aus dem Ruder laufen werden: „Ich vertraue auf die Charakterstärke unserer Leute.“
An der Seite der Bauern stehen auch die Wirte: Angela Inselkammer, Präsidentin des Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), wird am Montag auf der Demo sprechen. „Eine ständige Verteuerung von Lebensmitteln wird auch zu einer Verteuerung der Preise in der Gastronomie führen. Das können wir nicht wollen.“ Erst sei die Mehrwertsteuer für die Betriebe erhöht worden, jetzt die Maut, die voll auf die Einkaufspreise durchschlage. „Wir verstehen auch nicht, dass für Menschen, die fleißig arbeiten, alles verteuert wird und auf der anderen Seiten Sozialleistungen immer mehr erhöht werden. Diese Botschaft finde ich schwierig.“