Wie überleben im rot-weißen Wald?

von Redaktion

SIMONE DATTENBERGER

Neulich wand und wurschtelte ich mich mit meinem Auto wieder mal durch die Kreuzung Gabelsbergerstraße/Altstadtring. Welche Überraschung würde mich – der Stau war naturgemäß keine Überraschung – erwarten? Ich empfand ein bissl Vorfreude wie vor einem Besuch im Irrgarten auf dem Oktoberfest. Gefühlt werden an diesem Gordischen Knotenpunkt stündlich die Fahrbahnaufsteller (müssten eigentlich Fahrerverwirrer heißen) und -markierungen geändert. Der ultimative Härtetest für Automobilisten im Stadtverkehr. Die Formel 1 ist dagegen ein lahmer Witz, da findet doch jeder seinen Weg.

An jenem neuralgischen Punkt aber werden die Verkehrsteilnehmer gnadenlos ausgesiebt. Fußgänger haben sowieso null Chancen. Das Chaos signalisiert von Weitem: Schleich di, das ist hier die Todeszone! Radler werden hingegen mit halbscharigen weißen und gelben Bodenstreifen in selbige gelockt nach dem Motto: Schau ma moi, wia guat dei Survivaltraining huift! Ist man mitm Karren unterwegs, steht man vor einem rot-weiß gestreiften Warn-Wald, der grinsend zu sagen scheint: Wia geht’s n jetzt weida? Und ganz fein: Umdrehen geht nicht mehr.

Viele Hiesige haben sich längst bei den Pfadfindern angemeldet und meistern deswegen den Orientierungsparcours mittlerweile ziemlich routiniert. Nur nachts verirrt sich der eine oder andere Münchner in Sackgassen, abgeschnürte Winkel oder tote Ecken. SUV-Besitzer alias Stadtpanzerfahrer sind in so einer Situation eindeutig im Vorteil. Sie nieten die Aufsteller einfach um und pflügen sich ihre Bahn Richtung Unterführung. Nur auswärtige SUVler bleiben ängstlich. Ich habe tatsächlich welche reglos mitten auf der Kuddelmuddel-Kreuzung stehen sehen, die verzweifelt auf ihrem Navi herumtippten. Als könnte es hier helfen.

Wer nicht mit einem klobigen Monster herumkutschiert und es brutal einsetzt, hat nur die Wahl zwischen Übernachten im Auto, um am Morgen die Bauarbeiter – habe ich dort überhaupt jemals welche gesehen? – um Hilfe anzuflehen, und Stehenlassen des Gefährts. Was Bagger und Teerfräse am nächsten Tage damit anstellen … Kein Wunder, dass solch ein Verirr-System von den Leidtragenden mit bitterem Humor gern als „Straße, deren Name nicht genannt werden darf“, bezeichnet wird. Trotzdem Kopf hoch, Lord Voldemorts (teer-)schwarze Magie wurde am Ende doch ausgehebelt.

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