Am Hauptbahnhof wird’s eng

von Redaktion

VON DIRK WALTER

Größer, schöner, lichtdurchflutet – die Visualisierungen für den neuen Hauptbahnhof sehen verheißungsvoll aus. Doch bis Münchens Eingangspforte in neuem Glanz erstrahlt, werden etliche Jahre vergehen – die letzten Arbeiten sollen, Stand jetzt, erst 2038 abgeschlossen sein.

Bis dahin könnte sogar die zweite Stammstrecke fertig sein. Die Deutsche Bahn gab gestern den Baufahrplan für dieses Jahr bekannt. Gesamtprojektleiter Kai Kruschinski mühte sich mit blumigen Worten, etwas Optimismus zu verbreiten. Nachdem nun das Baurecht für den Bauabschnitt Ost vorliege, werde 2024 „ein Jahr des Aufbruchs“.

Am Hauptbahnhof wird es indes eher ein Jahr des Abbruchs. Reste des bisherigen Empfangsgebäudes sowie angrenzende Gebäudeteile werden abgebrochen. Und dann soll das Dach über dem Querbahnsteig weichen. Der Querbahnsteig, bisher gut 25 Meter breit, wird halbiert – auf nur noch zwölf Meter. Die Bahn benötigt die Fläche, um den Bahnhof im Rohbau für die künftige U9 zu errichten. Trotzdem werde auf dem Querbahnsteig noch genug Platz für ein- und aussteigende Fahrgäste bleiben, versicherte Kruschinski. Auch „Grundversorgungsmöglichkeiten“ werde es weiter geben – wenn auch weniger als bisher.

Parallel zum Dach-Abriss werden auch die Aushubarbeiten für den Bau der zweiten Stammstrecke weitergehen – bis auf 30 Meter Tiefe werde man vorstoßen, sagte Kurschinski. Am Ende sollen es gut 40 Meter sein. An der tiefsten Stelle wird die neue Bahnröhre sogar 48 Meter unter der Erde liegen.

Auch an anderen Stellen wird weitergebaut:

• Bei Laim wird die Umweltverbundröhre (UVR) entstehen. Stück für Stück werden südlich des Bahnhofs die Zufahrtsgleise zum Hauptbahnhof untergraben. Die UVR soll 2027 fertig sein, danach beginnt der Ausbau mit Tramgleisen. Auch am Bahnhof Laim gehen die Arbeiten weiter. Für behinderte Menschen und Eltern mit Kinderwagen schwierig: Der Bahnhof ist demnächst nicht mehr barrierefrei. Die Aufzüge werden außer Betrieb gehen. • Unweit der Donnersbergerbrücke wird an der Baugrube weiter gearbeitet, in die 2026 die erste Tunnelvortriebsmaschine eingesetzt wird – dann werden die eigentlichen Tunnelbohrungen Richtung Osten beginnen. Etwas weiter östlich im Arnulfpark wird der erste Druckluft-Tunnelvortrieb begonnen, um den Rettungsschacht mit der späteren Rettungsröhre zu verbinden. Kruschinski erhofft sich „geologische Erkenntnisse“, die auch für den weiteren Stammstrecken-Bau wichtig sein werden. • Am Marienhof werden die Bauarbeiten in diesem Jahr bis auf 40 Meter Tiefe vorangetrieben. Kruschinski pries die „Ingenieurskunst“ seiner Leute. Schließlich sei die unterirdische Station, die hier entsteht, so ähnlich, als würde man „das Kirchenschiff der Frauenkirche umgekehrt in den Boden bauen“. Für den späteren direkten Umstieg zur U2 und U6 beginnen Vorbereitungen zum Bau eines Verbindungsstollens. • Am Ostbahnhof wird Ende Januar der Spatenstich für die Verlegung der Autoreisezug-Anlage erfolgen. Die Verladerampe entsteht am Südbahnhof neu. Danach wird eine Baugrube an der Friedenstraße gegraben – in ihr wird die Tunnelbohrmaschine installiert, die sich ab 2027 vom Osten her in Richtung Marienhof durch die Erde frisst.

2035 soll die zweite Röhre fertig gestellt sein. Kruschinski hat „keine übermäßige Hoffnung“, dass es schneller geht. Kursierende Baukosten von bis zu 14 Milliarden Euro dementierte er. München werde, so schloss er in schönem Bahnsprech, „eine Modellstadt für den ÖPNV“ werden.

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