Tolle Museen – verkannte Museen

von Redaktion

SIMONE DATTENBERGER

Neulich im Schlossmuseum Murnau überfiel mich der Gedanke, dass zu viele Museen verkannt sind. Nun kann sich das Schatzkästlein in der Marktgemeinde am Staffelsee nicht über mangelnde Aufmerksamkeit beklagen. Schließlich ist es sehr beachtlich mit den Juwelen von Gabriele Münter und Co., also Werken der Blauen-Reiter-Künstler, gefüllt. Daneben geht halt leicht die Ortsgeschichte unter. Die kommunale Historie wird oft, ja genau, verkannt. Die Einheimischen denken: Kenn ma scho! Und die Touristen und Ausflügler: Ah naa, Museum – lieber Wandern!

Einstweilen kann man als Fremder, als Neigschmeckte oder Zuagroaste gerade in Heimatmuseen die Wurzeln der besuchten Gegend entdecken, die normalerweise versteckt-unterirdisch das Leben dieser Gemeinde versorgen und prägen. Und die „Eingeborenen“ selbst könnten erkennen, was sie schon immer schee staad beeinflusst hat. Vielleicht ist der Fluss 2024 nicht mehr wichtig, in der Vergangenheit war er jedoch wie etwa in Tölz –ohne Bad! – eine Lebensader. In Murnau war es eine Zeit lang die Markt- und Durchgangsstraße für transalpinen Handel bis Augsburg und retour. Längst ist sie eine beliebte Fußgängerzone – natürlich immer noch mit Handel und Wandel.

Die total neu gestaltete Abteilung „Ortsgeschichte“ des dortigen Museums schüttelt jetzt das Verkennen ab und spielt mit dem Erkennen. Spielen ist wörtlich gemeint, denn didaktisch ans Händchen genommen wird niemand. Besucherin und Besucher werden stattdessen sanft und humorvoll in die Rolle der Forscherin und des Entdeckers geschoben. Auf dem „Marktplatz“ wirbeln auf Litfaßsäulen Fotos und Infos um einen herum. Nix verstaubtes Heimatmuseum! Sondern munteres Murnau im Geschichtsschnelldurchgang.

In der „Wunderkammer“ (eigentlich die Vorform unseres heutigen Museums, die sich die Herrscher ausdachten) wird’s schön schummrig und irgendwie „Memory“-mäßig. Welches Objekt gehört zu der Botanikerin, die wir am „Marktplatz“ trafen, oder zu den Bauern, die das Moor nutzen durften und heute noch dürfen, oder zu dem Künstler, der ein leidenschaftlicher Spuren-Sucher und -Sicherer war? In fast Nullkommanix hat man mit richtig viel Spaß den Ort und seine Menschen in ihrer Vielfalt von der Römer- bis zur Jetztzeit schätzen gelernt.

Klar, dass man da als Münchner Kindl sofort das eigene, nun auf Jahre geschlossene Stadtmuseum schmerzlich vermisst. Zum Glück gibt es in unserer Heimat so viel zu entdecken in den Museen von Erding bis Penzberg und von Mittenwald bis Wasserburg, vom Bauern bis zum Bergmann und vom Geigenbauer bis zum Innschiffer. Vom jungsteinzeitlichen Bayern bis zur Bayerin von heute.

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