Auch Oberpollinger vor der Insolvenz?

von Redaktion

VON ANDREAS HÖSS

Als der Chef von Kadewe unserer Zeitung im November ein Interview gab, wirkte er noch sehr entspannt. Man sei von der Pleite der Signa-Holding nicht betroffen, sagte Michael Peterseim. „Ja, wir operieren profitabel“, so der Chef der kleinen Kaufhauskette damals, „unser Weihnachtsgeschäft läuft hervorragend.“ Und von der Signa sei Kadewe anders als etwa Galeria Karstadt Kaufhof nicht finanziell abhängig. Das Tagesgeschäft regle man mit dem Mehrheitseigner, der Central Group – und die stehe „vollumfänglich zur Kadewe“, betonte Peterseim.

Nun, gut zwei Monate später, scheint die Lage doch nicht mehr so rosig. Das legt jedenfalls ein Bericht des Wirtschaftsmagazins „Capital“ nahe. Demnach bereitet die Kadewe-Gruppe, zu der neben dem Kadewe in Berlin das Alsterhaus in Hamburg und der Oberpollinger in München gehören, einen Insolvenzantrag vor. Laut der „SZ“ soll der Antrag am Freitag eingereicht werden. „Capital“ berichtet hingegen, dass er diese Woche erfolgen soll. Am Amtsgericht Charlottenburg laufen auch die Insolvenzverfahren weiterer Firmen aus dem Signa-Umfeld, unter anderem der Signa Prime Selection. Ihr gehört etwa die Immobilie des Oberpollingers in München, die sie an die Kadewe-Gruppe vermietet.

Von der Kadewe-Gruppe gab es auf Nachfrage unserer Zeitung keine Antwort. Auch gegenüber „Capital“ meldete sich die Unternehmensführung am Freitag nicht und tauchte lieber ab, wie das so oft bei Firmen aus dem Umfeld des umstrittenen Signa-Gründers René Benko der Fall ist. So wird über mögliche Gründe, die zur Insolvenz geführt haben könnten – sofern die Gerüchte denn stimmen – kräftig spekuliert.

„Capital“ stellt vor allem in den Raum, dass die Central Group der Kadewe-Gruppe trotz aller Beistandsbeteuerungen den Geldhahn zugedreht haben könnte. Der Firma des thailändischen Milliardärs Tos Chirathivat gehören 50,1 Prozent von Kadewe, der Rest liegt bei der Signa Premium Group, die zu Benkos Signa-Holding gehört. Warum, ist allerdings unklar.

Es wird schon länger gemunkelt, dass die Central Group die Kadewe-Gruppe komplett übernehmen könnte. Eine Insolvenz könnte den Preis dafür nun drücken. Zudem könnte sie die Chance erhöhen, die überteuerten Mietverträge mit Signa Prime nachzuverhandeln, wie es auch die ebenfalls zu Signa gehörende Kaufhauskette Galeria vorhat. Laut „Capital“ könnte die Central Group sogar darauf spekulieren, die Immobilien in Berlin, München und Hamburg günstig zu kaufen, bisher gehört ihr nur ein Teil des Kadewe-Hauses in Berlin. Bei Kadewe, Alsterhaus und Oberpollinger hatte Signa Immobilien- und Handelsgeschäft getrennt, die Warenhäuser sind seither Mieter in den einst eigenen Häusern. Vermieter ist Signa Prime. Diese ist ebenfalls pleite, ihr Insolvenzverwalter ist auf der Suche nach Kapital.

Zudem ist es denkbar, dass die Central Group auf Staatshilfen schielt. In der Corona-Krise hatte Kadewe 90 Millionen Euro an Bürgschaften von Berlin, Hamburg und dem Bund bekommen. Das Geld steht nun im Feuer. Dennoch ließ Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) gegenüber dem rbb bereits durchblicken, dass man eventuell erneut helfen wolle. Das Kadewe sei eine „Warenhaus-Ikone“, ein echtes „Wahrzeichen unserer Stadt“. Der Senat werde sich einbringen, um „den Erhalt des Kadewe zu sichern und die Möglichkeiten dafür auszuschöpfen“, so Giffey. Die Kadewe-Türen blieben gestern jedenfalls verschlossen – obwohl in ganz Berlin die Läden zum verkaufsoffenen Sonntag lockten.

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