Wut auf der Wiesn

von Redaktion

VON DANIELA POHL

„Wir sind Praktiker. Mit Rednerlisten haben wir relativ wenig zu tun. Wir wollen das breite Spektrum der Bevölkerung aufnehmen“, sagte Organisator Franz Huber zu Beginn der Demo, die er gemeinsam mit Markus Huber binnen weniger Tage auf die Beine gestellt hatte. Sie hätten sich erst vor 14 Tagen auf einem Organisationstreffen kennengelernt, so der Landwirt. „Wir kämpfen für die gleiche Sache.“

Das Problem scheint groß – so groß, dass neben vielen Landwirten (denen viele gestern dankbar waren, „den Stein ins Rollen“ gebracht zu haben) auch zahlreiche Erst-Demonstrierende gekommen waren. Unter den Rednern: Mittelständler, die die Nase voll hatten – oder die „Schnauze“, wie die Menge skandierte. Nach Polizeiangaben kamen rund 10 000 Teilnehmer, die Veranstalter hatten mit 35 000 bis 50 000 gerechnet. Geschimpft wurde über Bürokratieberge, Verordnungen und Steuererhöhungen, aber auch Nöte ganz normaler Bürger bekamen ihren Platz. Vorgebracht von Friseurmeisterin Sophia (23). Die junge Mutter ergriff mutig das Mikro, sprach von der Schwierigkeit bei der Suche nach Hebammen, Kitaplätzen und Wohnungen. „An ein Eigenheim ist eigentlich gar nicht zu denken!“, rief sie. Und: „Allein hier in Bayern fehlen über 70 000 Betreuungsplätze für unter Dreijährige – und das ist kein Problem von gestern!“

Die Mütter Franziska Geiger (29), Sonja Weindl-Jansch (31) und Sabrina Taffertshofer (32) konnten nur zustimmen. „Das Traurige ist, dass Milliarden ins Ausland gehen und Frau Baerbock durch die Welt reist und Gelder verteilt, aber für die eigenen Kinder im Land keine Kitaplätze da sind“, sagten sie.

Zahnarzt Anton Steinbacher forderte die Politik auf, endlich die Augen aufzumachen: „Ob Agrardiesel, CO2-Steuer, Kfz-Steuer, Plastiksteuer, Maut-Erhöhung, Gastrosteuer, und jetzt auch noch Zwangsdigitalisierung bei Apotheken und Praxen. Ohne auf die Praktiker zu hören und Lösungen gemeinsam zu finden, macht man aus dem Elfenbeinturm heraus nur noch mehr Probleme!“ Die Diagnose des Mediziners: „Die Politik ist krank.“

Auch Angelika Neugebauer (51) und Kirsten Farkas (5) wollen, dass sich endlich etwas ändert. „Es wäre unser Appell, dass die Steuergelder auch auf der Ausgabenseite vernünftig eingesetzt werden, dass sorgsam mit den Geldern umgegangen wird“, sagte Neugebauer. Sie führen das Maut-Debakel von Ex-Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) als Beispiel dafür an, wie viel in der Politik schiefläuft. Das sieht Landwirt Stefan Nirschl ähnlich: „Wir wollen einfach darauf aufmerksam machen, dass die Politik nicht mehr fürs Volk da ist, sondern nur noch willkürliche und kurzfristige Entscheidungen trifft.“

Politiker waren „zum Zuhören“ eingeladen – sprechen durften sie nicht. Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) nutzte die Demo für ein Bad in der Menge. Auch Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) war gekommen.

Was allen wichtig war: In die rechte Ecke wollte niemand gedrängt werden. Auch Elektrotechniker Franz Eibauer nicht, der seiner Wut über die vermeintlich voreingenommenen Medien Luft machte – die Menge johlte „Lügenpresse!“. In der Öffentlichkeit werde nur über Demonstrationen gegen die Rechten berichtet. „Was ist denn mit den Berichten über uns, übers normale Volk!“, schrie er.

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