Ein Haus mit großer Geschichte

von Redaktion

VON GABRIELE WINTER

Zwischen dem Atem der weiten Welt und dem Hauch des Todes weht manchmal nur ein kleines Lüfterl. Für das Traditionswarenhaus Oberpollinger in der Fußgängerzone müssen sich die jüngsten Tage zwischen diesen beiden Zuständen aber eher wie ein Orkan angefühlt haben. Die Nachricht von der drohenden Insolvenz, über die wir in der gestrigen Ausgabe berichteten, ist jetzt zur Gewissheit geworden. Die KaDeWe-Gruppe kann nicht mehr zahlen. Immerhin: Der Betrieb soll trotzdem weitergehen.

Für die Münchner und ihre Innenstadt ist das eine wichtige Nachricht. Denn: Der Oberpollinger gehört zu den prägenden Häusern der Ladenzeile. Seit fast 120 Jahren gibt es das Kaufhaus nun. Als es 1905 eröffnet wurde, schrieb man in den Zeitungen vom „Atem der großen weiten Welt“, der nun durch die Neuhauser Straße wehe.

Erbaut wurde das Warenhaus vom Architekten Max Littmann im Stil des Historismus für die Kaufmannsfamilie Emden und Söhne. Mit einem glasüberdachten Lichthof und vier Aufzügen war es sehr modern – die Architektur passte zu den zum Teil luxuriösen Waren. Verkauft wurden auf vier Etagen Kleidung, Uhren, Schmuck, Spielwaren und vieles mehr. Auch ein Teezimmer, ein Reisebüro und öffentliche Telefonkabinen standen den Kunden zur Verfügung.

Der Name Oberpollinger geht auf den Brauer Christoph Pollinger zurück, der das Grundstück im 16. Jahrhundert übernahm und die obere seiner zwei Brauereien dort errichtete.

Das Kaufhaus wurde 1927 von Rudolf Karstadt übernommen, der den traditionellen Namen bewusst beibehielt, um den Kunden Kontinuität zu signalisieren. Unter seiner Führung fuhr das Haus in den Zwanzigerjahren ein für die damalige Zeit revolutionäres Geschäftsmodell: niedrige Festpreise und Barzahlung statt Feilschen und Anschreiben.

Im Oberpollinger gibt es seit jeher Haushaltswaren, einen großen Parfümerie- und Kosmetikbereich, Gepäck, Schreibwaren, Bekleidung sowie hochpreisige Accessoires. In der fünften Etage ist neben dem Restaurant auch eine Süßwarenabteilung mit Confiserie zu finden.

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Kaufhaus bei einem Luftangriff schwer beschädigt. Bereits 1947 konnte es teilweise wieder eröffnen und wurde seitdem immer wieder erweitert.

„Der Oberpollinger ging durch mehrere Phasen der Neustrukturierung und war dabei seht erfolgreich“, weiß Wolfgang Fischer von City Partner. In dem Verein sind Unternehmer aus unterschiedlichen Branchen organisiert, die sich unter anderem für eine attraktive Innenstadt starkmachen. Fischer erzählt von Kunden aus aller Welt, für die der Oberpollinger ein Magnet ist. Produkte von Luxusmarken wie Prada oder Gucci erfreuen seit jeher die Reichen und Schönen, sind aber auch für Einheimische attraktiv. Fischer geht deshalb davon aus, dass sich „bestimmt Interessenten finden werden.“

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