Wer öfter durch den Hauptbahnhof geht, hat sie bestimmt schon entdeckt: die Schilder mit dem roten Balken über einer symbolischen Hand, die eine Taube füttert. Sie bedeuten: Stopp! Dem Federvieh bloß nichts zu fressen geben – sonst droht ein Hausverbot! Solche blau-weißen Tafeln hängen an zwei Säulen an Gleis 11.
Die Vögel nerven nicht nur viele Reisende, sondern stören auch die für den Bahnhof zuständige Deutsche Bahn (DB). Eine DB-Sprecherin erklärt zur Begründung auf Anfrage: Taubenkot könne nicht nur Krankheitserreger enthalten, „sondern auch kostenintensive Beschädigungen an Gebäuden und Konstruktionselementen“ verursachen. Deshalb hat die Bahn den Tieren den Kampf angesagt– und erinnert Pendler mit den Tafeln an das Fütterungsverbot in der Bahnhofshausordnung.
Anouschka Doinet, Vorsitzende des Taubenschutzvereins Stadttauben e.V., sagt dagegen: „Dass Tauben Krankheiten übertragen und Gebäude beschädigen, ist widerlegt.“ Trotzdem meint auch sie: „Ein Fütterverbot am Hauptbahnhof ist sinnvoll. Denn es gibt in der Umgebung öffentlich betreute Taubenschläge, in denen die Tauben fressen, auf Beton-Eiern brüten und ihren Unrat loswerden sollen. Werden sie von Touristen gefüttert, gehen sie weniger in diese Schläge.“ Und brüten womöglich anderswo echte Eier aus, wo man doch durch den Beton-Eier-Trick ihre Vermehrung eindämmen will.
Fest steht: Wo die Vögel nichts zu fressen finden, fühlen sie sich weniger wohl. Wie groß das Fütterungsproblem ist und ob die Situation sich verschlimmert hat, beantwortet die Bahn nicht. Sie gibt auch keine Auskunft, wie viele Hausverbote in dem Zusammenhang bereits ausgesprochen wurden. Die Sprecherin berichtet aber, dass die Bahn zwar „die Bahnhöfe intensiv reinigt“, jährlich jedoch „einen hohen zweistelligen Millionenbetrag für die Reinigung der Bahnhöfe“ aufbringt. Gleichzeitig sehen Pendler: Das Problem in den Griff zu kriegen, scheint schwierig. Zwar sind Gebäudeteile und Info-Tafeln mit Netzen verhüllt oder mit Spikes versehen, damit die Tauben darauf nicht landen können. Aber sie finden trotzdem Plätze, an denen sie ungestört sitzen können. Wo diese sind, wird einige Meter weiter unten deutlich. Dort, wo weiße Kotflecken den Boden überziehen. Diese Stellen gibt es trotz der Vetreibungsmaßnahmen, trotz der Putztrupps der Bahn – und zum Ekel der Reisenden. VON REGINA MITTERMEIER