Leerstand auf dem Vormarsch

von Redaktion

VON KATHARINA RACK, ALEXANDER BOMFLEUR UND LEONIE FORTH

Oliver Busch, Filialleiter des Traditionsgeschäfts Hut Breiter, weiß um die schwierige Situation: „Es kommen immer weniger Familienbetriebe in die Innenstadt, jetzt schließen sogar Ladenketten. Der Leerstand wird immer größer. Das Problem, dass die Leute bei uns nicht mehr einkaufen, haben wir zum Glück nicht, da wir selbst einen großen Online-Store haben.“ Genau das empfiehlt er auch anderen Händlern, um konkurrenzfähig zu bleiben. „Denn Online-Shopping ist die Zukunft.“

Jetzt ist auch der Oberpollinger in den Schlagzeilen – gestern meldete die Gruppe Insolvenz an (Berichte Wirtschaft und München). Zwar sollen die Geschäfte weiterlaufen, aber Busch warnt: „Wenn der schließen würde, wäre das auch für die kleineren Geschäfte ein großer Nachteil.“ Denn: So fiele ein Besuchermagnet weg.

Wolfgang Fischer vom Geschäftsleute-Verein City-Partner betont, dass man bei der derzeitigen Situation zwischen vorübergehenden Baustellen und Insolvenzen unterscheiden müsse. Außerdem komme es durch Inhaberwechsel oder Insolvenzen wie derzeit bei Hallhuber zu temporären Leerständen. Für München ist das eine neue Situation. Bis vor etwa fünf Jahren gab es relativ wenig Fluktuation, jetzt habe sich die Frequenz gesteigert. „Gemessen an anderen deutschen Großstädten“ sei die Dimension allerdings noch immer kleiner.

Trotzdem ist klar: „Leerstände sind weder für Besucher noch für umliegende Unternehmen schön.“ Begrüßenswert sei in diesem Zusammenhang, dass für die lange leer stehende Filiale der Modekette Abercrombie & Fitch in der Sendlinger Straße 8 endlich ein Nachmieter, das Möbelgeschäft RH, gefunden wurde. Attraktive Konzepte würden die „Münchner Mischung“ ausmachen, wie zum Beispiel das neuzugezogene Interior House oder der Schreibwarenladen Ellenwoods – beide an der Sendlinger Straße.

Auch Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) beklagt in jüngerer Vergangenheit eine Zunahme an Leerständen. Eine genaue Erfassung gebe es aber nicht. „Besonders bedauerlich finde ich die Schließung des Karstadt-Kaufhauses“, so Baumgärtner. Es ist nicht der einzige verwaiste Komplex des Ex-Benko-Imperiums. Auch an der Alten Akademie und bei Galeria am Stachus geht nichts mehr. „Trotz allem stellen wir aber fest, dass die Leerstände im Gegensatz zu anderen Großstädten immer nur von kurzer Dauer sind, weil sich schnell neue Nachmieter finden.“ Ein Leerstandsmanagement soll die Innenstadt auch künftig lebendig halten.

Das scheint zu funktionieren: Die Passantenfrequenz auf der Neuhauser Straße war 2023 mit 28,6 Millionen Menschen höher als 2019. „Was die Nachfolger betrifft, die die leer stehenden Objekte neu beziehen, können wir als Stadt nicht steuern“, so der Wirtschaftsreferent. „Wenn gewisse Konzepte nicht laufen, zeigt sich das schnell, indem die Geschäfte wieder schließen müssen.“ Das gute alte Prinzip von Angebot und Nachfrage. Immerhin das war schon immer so.

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