Die nackte Teilnehmerzahl – sie war erneut enorm. Ob sich nun 300 000 Menschen auf der Theresienwiese versammelt hatten, wie es die Veranstalter gesehen haben wollten, oder 100 000, wie die Polizei schätzte, änderte an dem beeindruckenden Zeichen nichts: Dort, wo sonst beim Oktoberfest das Bier in Massen fließt, erstrahlte am Sonntag ein Lichtermeer für die Demokratie.
Im Gegensatz zur Großdemo vor drei Wochen am Siegestor war es ein Zeichen ohne nachträgliche Dissonanzen. Bei der damaligen Kundgebung gegen die AfD und Rechtsextremismus wurde von der Bühne herab auch heftige Kritik an der Politik der Union und der Ampel geübt. Was viele Demo-Teilnehmer irritierte. Und den Münchner CSU-Parteichef Georg Eisenreich dazu bewog, der Klimabewegung Fridays for Future die Kompetenz für die Organisation einer „derart wichtigen Demonstration“ abzusprechen.
Die Veranstaltung auf der Theresienwiese lief nun diplomatischer ab, worauf Fridays for Future (FFF) mit seinen Bündnispartnern des Vereins Lichterkette, Bellevue di Monaco und München ist bunt großen Wert gelegt hatten. Das Motto der Demo richtete sich nicht dezidiert gegen Rechts, sondern gegen Hass, Hetze, Rassismus und Antisemitismus. Mit der Autorin und Fernsehjournalistin Düzen Tekkal gab es nur eine Rednerin, deren Worte die breite Mitte der Zivilgesellschaft ansprachen. Tekkal war eine gelungene Wahl, was beispielsweise auch die Kabarettistin Luise Kinseher so einordnete: „Die Organisatoren haben sich diesmal wirklich bemüht. Es war eine Veranstaltung, wo sich jeder Demokrat aufgehoben fühlen konnte.“ Münchens OB Dieter Reiter (SPD) zeigte sich gar euphorisch: Er habe auf der Theresienwiese Menschen jeden Alters und aus ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen getroffen: „Wir haben alle ein Ziel und das macht Mut! Danke an das breite Bündnis, das die Demonstration auf die Beine gestellt hat.“
Justizminister Eisenreich war am Sonntag nach eigenen Worten verhindert. „Ansonsten wäre ich dabei gewesen, weil ich die Ziele der Demonstration teile.“ Sein Parteikollege, CSU-Stadtrat Fabian Ewald, war auf der Theresienwiese und sprach von „einem guten Zeichen und einer gelungenen Veranstaltung“, auch aus Sicht eines Vertreters einer bürgerlich-konservativen Partei.
Luc Ouali, einer der Organisatoren von Fridays for Future, sagte, er sei froh über dieses Zeichen und den friedlichen Verlauf: „Es war ein Gefühl der Einigkeit, ein Symbol der Hoffnung.“ Ouali kündigte weitere Demos in München an: „Wir leuchten heller als eine sehr laute Minderheit.“ Es entwickele sich gerade eine sehr wichtige Bewegung in Deutschland für den Zusammenhalt aller Demokraten. kv/lö/lim