Neustart für Körper & Seele

von Redaktion

Morgen beginnt die Fastenzeit – Hintergründe und Tipps von Experten

Wir wollen hier ja keine Gaudibremse sein, liebe Leser – aber wir blicken über den heutigen Faschingsdienstag hinaus und widmen uns der Fastenzeit, die traditionell am Aschermittwoch beginnt und 40 Tage lang dauert – bis zum Ostersonntag. Doch was sind im Jahr 2024 die Gründe fürs Fasten? Wir hörten uns bei einer Klosterfrau, einer Religionswissenschaftlerin und einem Ernährungsmediziner um – und zeigen verschiedene Formen des Fastens auf: Welche gesundheitlichen Vorteile verspricht das Fasten für Körper und Seele?  kra, aro, jus

Das sagt die Ordensschwester

Im Kloster Aufkirchen am Starnberger See ticken die Uhren noch anders. Verzicht wird hier das ganze Jahr über großgeschrieben und ist Teil der Lebensgrundlage der zurückgezogen lebenden Karmelitinnen. Fleisch kommt das ganze Jahr über nicht auf den Tisch, und karge Mahlzeiten gehören zum stillen und einfachen Lebensstil der Schwestern. Trotzdem ist auch die Fastenzeit für Schwester Mirjam Jahr für Jahr eine Belastungsprobe, weil zudem an bestimmten Tagen auf tierische Produkte wie Eier oder Milch verzichtet wird. Gerade in den ersten Tagen fällt ihr das Fasten schwer, aber sobald die erste Woche geschafft sei, spüre sie, wie frei man wird. Denn die Fasten-Wochen stehen bei Mirjam und ihren Glaubensschwestern nicht unter dem Motto „Abnehmen, um sich und anderen zu gefallen“, sondern nur, um das Herz frei für Gott zu machen. „Heutzutage ist die Gesellschaft so vielen Reizen ausgesetzt wie den tollsten Handys oder den trendigsten Klamotten, dass unser Herz schon so voll ist und kein Platz für Gott bleibt“, gibt Schwester Mirjam zu bedenken. Dabei bete es sich viel besser und man werde widerstandsfähiger, wenn man von all diesen oberflächlichen Dingen befreit sei. Auch wenn die 40 Tage des strengen Verzichts bedeutsam sind, gibt es für Schwester Mirjam ein bestimmtes zuckersüßes Schmankerl, auf das sie sich am Osterfest besonders freut: „Ein frisch gebackenes Osterlamm ist schon was Feines.“

Das sagt die Forscherin

Dr. Anna-Katharina Höpflinger (48) forscht an der Ludwig-Maximilians-Universität zu Religionswissenschaften und Religionsgeschichte. „Die Fastenzeit ist im Christentum vor allem ein körperliches Empfinden“, so Höpflinger. „Viele gläubige Christen wollen dabei die Leidenszeit Christi an ihrem eigenen Leib erfahren.“ Der Tod Christi, aber auch die Vergänglichkeit des eigenen Seins stünden dabei im Mittelpunkt. Über die Jahrhunderte hat sich der Brauch der Diät für Körper und Geist stark gewandelt: „Die Motivation des Fastens erschließt sich heute nicht mehr rein aus der Religion.“ Denn auch Esoterik, Gesundheit und Spiritualität würden mittlerweile den Menschen zum bewussten Essensverzicht bewegen. Höpflinger unterscheidet dabei zwischen zwei Arten des Verzichts: „Selektives Fasten bedeutet, nur bestimmte Dinge nicht zu essen oder zum Beispiel keinen Alkohol mehr zu trinken.“ Beim qualitativen Fasten hingegen „nehmen die Menschen einfach weniger zu sich. Sie essen dann beispielsweise einmal am Tag anstatt dreimal“, erklärt die Wissenschaftlerin. Das Fasten beziehe sich im Christentum aber nicht nur auf das Weglassen bestimmter Speisen und Getränke, betont die Religionsforscherin. Denn: „Die Gläubigen besinnen sich in der Fastenzeit auch auf Wesentliches – auf das, was das Leben ausmacht. Das Fasten hilft vielen Gläubigen, zu sich und zu Gott zu finden.

Vorsicht vor neuen Trends

„Fasten wird immer wieder mit Anti-Aging in Verbindung gebracht“, weiß Prof. Dr. Hans Hauner, Münchner Experte für Ernährungsmedizin. „Das trifft aber nur für eine langfristig erniedrigte Kalorienzufuhr zu, zum Beispiel 20 bis 30 Prozent unterhalb des normalen Bedarfs.“ Dabei könne man verschiedene Phänomene sehen, die möglicherweise den Alterungsprozess verlangsamen. Für kurzfristiges Fasten und danach wieder üppiges Essen treffe ein Anti-Aging-Effekt sicher nicht zu. Auch bei den Motiven für Verzicht ist eine Wandlung spürbar, so Hauner: „Die Menschen fasten heutzutage weniger aus religiösen Gründen, sondern eher, um ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen. Zum Beispiel, wenn sie über die Weihnachtszeit zu viel Alkohol oder ungesundes Essen konsumiert haben.“ Auch die zeitliche Bindung sei vor allem bei jungen Menschen nicht mehr so wie früher. Manche beginnen schon im „Dry January“, auf Alkohol zu verzichten. In den vergangenen Jahren hätten sich viele neue Fastentrends abgezeichnet, oft mit kommerziellem Hintergrund. Der Experte warnt: „Bei Trends wie Nullfasten, bei denen man keine Nahrung zu sich nimmt, ist Vorsicht geboten. Dem Körper mangelt es dann an vielen Mikro-Nährstoffen, was zum Beispiel das Risiko für Herzkomplikationen befördert.“ Und: „Man nimmt an Muskelmasse ab, weil der Körper seine eigenen Eiweißreserven nutzen muss.“ Hauners Empfehlung lautet daher: „Nehmen Sie wenigstens Obst und Gemüse sowie proteinreiche Kost wie Quark oder mageres Fleisch zu sich.“ Allgemein gilt: Zu exotisch oder einseitig fasten ist nicht gesundheitsförderlich .

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