Bar oder mit Karte?

von Redaktion

München im Selbstversuch – Wie weit kommt man mit Schein oder Plastik?

VON JULIAN LIMMER UND MATTHIAS BIEBER

Corona hat unser Leben verändert – auch, was das Thema Bargeld oder Karte angeht. Fest steht: Die Deutschen haben 2023 so oft zur Girocard gegriffen wie nie zuvor. Die Frankfurter Einrichtung Euro Kartensysteme verbuchte 7,48 Milliarden Bezahlungen mit Plastikkarte – ein Plus von 11,5 Prozent im Vergleich zum bisherigen Rekordjahr 2022. Mittlerweile gibt es Läden und Ketten, wo man nur noch mit Karte zahlen kann. Aber auch immer noch welche, wo nur Bares Wahres ist.

Unsere Redakteure Julian Limmer und Matthias Bieber haben’s getestet: Limmer zahlte eine Woche nur mit Karte, Bieber eine Woche nur mit Barem. Hier berichten sie, was sie erlebt haben.

Ein Woche nur mit Bargeld

Bar ist persönlicher. Und ich kaufe gern persönlich ein, wie etwa beim Konrad Kopp, der am Wiener Platz sein Gemüse- und Obststandl hat. Vorsorglich hat er fürs Foto oben einen Zwanziger auf der Ananas platziert… Seine Kundschaft weiß, dass nur Bares Wahres ist. Kopp sagt: „Ich habe keine Lust, jeden Monat vor einem riesigen Stapel Rechnungen zu hocken. Schade um die Zeit und die Nerven.“ Zum anderen könne Kopp so unnötiges Papier vermeiden.

Kurz vorm Ostbahnhof in der Wörthstraße hat Peter Katern seinen Käse-Laden „Käs Müller“. Auch hier: nur Bargeld, was manche jungen Kunden zuerst irritiert. Doch Katern bleibt eisern: „Warum sollte ich vom Umsatz ein paar Prozent Gebühren zahlen? Das Geld spare ich mir und muss es nicht auf die Preise umlegen. Außerdem will ich keine zweite Buchführung.“ Das Lesegerät vom Anbieter müsse man selbst zahlen. Ganz zu schweigen von Reparaturen. Der Chef wehrt sich auch dagegen, dass 50 Euro keine 50 Euro mehr sein sollen. „Wenn zehn Leute für 50 Euro mit Plastik einkaufen, ist ein 50er weg. Bei Bargeld sind 50 Euro immer 50 Euro.“

Raus aus Haidhausen, ab in den Westen. Im Forsthaus Kasten kann man zur Not seit 2023 auch mit Plastik zahlen, aber Bares ist den Wirtsleuten Johanna und Johann Barsy lieber. Darauf weist auch ein Schild hin. Weil das Internet mit sieben Megabyte viel zu schwach war, haben sie auf eigene Kosten eine Satellitenschüssel installiert. Johanna grinst: „Nun sind dem Konsum keine Grenzen mehr gesetzt. Elon Musk sei Dank.“ Von dessen Firma Starlink stammt das Gerät.

Wer beim Fleming’s am Hauptbahnhof (Mittererstraße) für 23 Euro ordentlich frühstücken mag inklusive Weißwurst und Eiern (die man eigens bestellt, so sind sie frisch), schaut allerdings ohne Plastik in die Röhre. Kein Bargeld erlaubt. Eine Angestellte: „Was sich die Chefs gedacht haben, weiß ich nicht. Viele gehen wieder, weil sie nicht bar zahlen können.“ MATTHIAS BIEBER

Eine Woche nur mit Karte

Ich als Freund der bargeldlosen Zahlung stoße in München an meine Grenzen. Gleich am ersten Tag unseres Checks gibt’s Probleme: Auf einem Konzert in der „Milla“ im Glockenbachviertel sitze ich ohne Bares erst mal auf dem Trockenen. Ich stehe an der Bar und wedle mit meiner Girokarte herum, doch die Barkeeperin schüttelt nur den Kopf: „Das geht bei uns nicht“, sagt sie. Zum Glück springt mir ein Freund mit einem Schein zur Seite.

Am nächsten Tag stehen Einkäufe an: Im Supermarkt komme ich ohne Bargeld problemlos durch. Später am Abend nach 20 Uhr packt mich der Heißhunger – ich habe nur keine Snacks daheim. Kein Problem, ich radle also zum Kiosk Madlen an der Trappentreustraße, hole eine Packung Chips aus dem Regal. An der Kasse bekomme ich einen Dämpfer: Karte erst ab fünf Euro. Der Verkäufer zeigt auf ein Schild unter ihm: „Steht doch da“, sagt er. Okay, ich muss also noch eine zweite Packung nehmen, um den Mindestbetrag zu knacken – gesund ist es nicht gerade, kein Bargeld zu haben.

Eigentlich steht tags darauf Wäschewaschen an. Blöd nur, dass mein Waschsalon nur Bargeld akzeptiert – also verschiebe ich den Waschgang noch mal. Das ist in Ordnung, denn ich bin später ohnehin verabredet. Ich treffe mich mit einem Freund in der Bar Kilombo im Westend. Am Fenster klebt schon das Schild: „Cash Only.“ Mist, denke ich. Schon wieder muss ich mich einladen lassen.

Am Ende der Woche laufe ich nach der Arbeit durchs Bahnhofsviertel und komme bei meinem Lieblings-Imbiss „Kura-Thai“ vorbei. Doch schnell wird klar: Auch hier komme ich ohne Bares nicht an mein geliebtes Curry. Immerhin: In der Maxvorstadt gibt es seit Kurzem ein Restaurant ganz nach meinem Geschmack – das Pho You. Hier geht ausschließlich Kartenzahlung. JULIAN LIMMER

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