Letzte Ausfahrt: Münhattan?

von Redaktion

VON GABRIELE WINTER UND JULIA SEIBERT

„Bei den Hochhäusern ist es wie mit den Schwammerln: Wo mal einer ist, kommen bald die anderen nach.“ Mit diesen Sätzen beschreibt die Kabarettistin Luise Kinseher die Sorgen der Bürgerinitiative (BI) Hochhausstop, der sie selbst angehört. Die BI um den Landtagsabgeordneten Robert Brannekämper (CSU) und den ehemaligen Stadtrat Wolfgang Czisch (SPD) will bis zum Ende des Jahres noch mindestens 6000 Unterschriften für ein Bürgerbegehren gegen den Hochhausbau in München sammeln. „Die Realisierung von gigantischen Hochhaustürmen wird den Charakter und die Stimmung in unserer Stadt dauerhaft und einschneidend verändern“, meint Brannekämper.

Insgesamt muss seine BI 33 000 Unterschriften zusammenbekommen. Um den Bürgern klarzumachen, inwiefern sie vom Bau von Hochhäusern betroffen wären, haben Brannekämper und Czisch nun mit einigen Mitstreitern eine interaktive Karte erstellt und veröffentlicht. Dort kann man einsehen, an welchen Straßen nach der Hochhausstudie konkret gebaut werden kann.

„Wir haben gar nichts gegen Hochhäuser bis 60 Meter Höhe, aber selbst Oberbürgermeister Dieter Reiter hat kürzlich gesagt, Hochhäuser können das Wohnungsproblem in München nicht lösen“, berichtet Czisch. „Man muss davon ausgehen, dass sie auch das Hitzeproblem in der Stadt noch verstärken, weil sie den Boden versiegeln.“ Czisch bemängelt auch die aus seiner Sicht fehlende Transparenz in der Hochhausstudie: „Niemand sollte genau sehen, was mit München geschieht. Diesen Zustand beenden wir mit unserer Karte, durch die alle sehen können, was der Hochhausbau für sie bedeutet.“

Der Architekt Brannekämper und Wolfgang Czisch waren beide lange in der Stadtplanung tätig. Ihr Bürgerbegehren richtet sich zuerst einmal gegen die Errichtung von 155 Meter hohen Zwillingstürmen an der Neuhauser Paketposthalle. „Die Realisierung von zwei gigantischen Hochhaustürmen öffnet den Investoren Tür und Tor, und die städtische Hochhausstudie ebnet den Weg für den Bau weiterer Hochhäuser“, ist Czisch überzeugt. Der Stadtrat berücksichtige dabei weder das gewachsene Stadtbild noch das Kulturerbe Schloss Nymphenburg. Mit klotzigen und teuren Hochhäusern könne weder die Wohnungsnot bekämpft noch stadtklimatisch sensibel geplant oder nachhaltig ökologisch gebaut werden.

Zwar wolle man sich beim Volksbegehren aus rechtlichen Gründen auf das Areal an der Paketposthalle beschränken. Jedoch geht Brannekämper davon aus, dass das Projekt neue Maßstäbe setze und meint: „Investoren werden mit Dollarzeichen in den Augen ins Rathaus laufen.“ Das werde zum Anstieg von Bodenpreisen und Mieten führen.

Anfragen an Stadtbaurätin Elisabeth Merk (SPD) diesbezüglich blieben bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Grünen-Stadträtin Anna Hanusch sagte gestern, die von „Herrn Brannekämper präsentierten Visualisierungen von angeblich drohenden Hochhauswänden sind ein künstlich hergestelltes Schreckensbild, das mit der Realität der Münchner Stadtplanung nichts zu tun hat.“ Da die erforderlichen Unterschriften gegen die zwei an der Paketposthalle geplanten Hochhäuser offenbar nicht so einfach zu erhalten seien, griffen die Hochhausgegner zu völlig überdrehten Fantasieprodukten. „Eine solche Skyline wird München nie haben.“

Mit der Hochhausstudie von 2023 wollte die Stadt festlegen, wie mit Hochhäusern umgegangen werden soll. Sie ist eine Neuauflage der Hochhausstudien von 1977 und 1995. „Unter Beteiligung verschiedener Akteure, wie zum Beispiel der Bezirksausschüsse, wurden Themen wie Nachhaltigkeit und Klima oder die Berücksichtigung von Sichtachsen vertieft und ergänzt“, heißt es in der Hochhausstudie. Die Erkenntnisse aus der Studie sollen künftig in Planungsverfahren angewendet werden.

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