Weltruhm in Waldram

von Redaktion

MATTHIAS KIEFERSAUER

„Wirklich geschafft hat man es“, so habe ich einmal gelesen, „wenn man in der Lokalzeitung der Eltern auftaucht.“ So gesehen war es ein cleverer Schachzug von mir, als ich vor bald 16 Jahren begann, diese Kolumne zu schreiben. Nach meinen Berechnungen müsste ich mittlerweile ein Star sein, schließlich liege ich jeden Samstag auf den Frühstückstischen meines Elternhauses und des restlichen Oberbayerns. Aber komisch: Als ich neulich einmal in meine Heimatstadt Wolfratshausen fuhr, erwarteten mich am Bahnhof weder Blaskapelle noch Kinderchor. Und danach musste ich mir meine Stretchlimousine mit 40 anderen Fahrgästen teilen, in Wahrheit handelte es sich um den Linienbus nach Geretsried. Am Ziel meiner Reise, im Wolfratshauser Ortsteil Waldram, dann die nächste Erniedrigung: Das Matthias-Kolleg ist gar nicht nach mir benannt! Denn offiziell heißt es „St. Matthias“. Und heilig bin ich nicht, so viel Selbstkritik muss sein. Vielleicht funktioniert das doch anders mit dem großen Durchbruch, vielleicht müsste man wirklich was leisten.

Immerhin bin ich nicht der Einzige, dessen große Träume sich in Luft auflösen. Ein befreundeter Schauspieler wähnte sich am Ziel seiner Träume, als er kurz nach dem Abschluss an der Falckenberg-Schule gebeten wurde, sich bei den Kammerspielen zu melden. Als er anrief, war die Enttäuschung groß: Er sollte nicht den Romeo spielen, sondern Außenverteidiger in der Betriebsfußballmannschaft. Bei Sting dagegen war es so, dass er einmal in einem Hotel wach wurde, weil ein Fensterputzer vor seinem Zimmer beim Arbeiten sang. Und zwar – Achtung! – einen Song von Sting. Auf solche Momente warte ich vergeblich. Vielleicht schlafe ich aber auch nur zu selten in Gebäuden mit Fensterputzern.

Als Münchner hat man es geschafft, wenn man mit nur einem Anruf Karten für die Fußball-EM erhält. Oder wenn man zum Starkbieranstich auf dem Nockherberg eingeladen wird. Oder wenn die Menschen deinen Vornamen weglassen, sobald sie von dir sprechen. Viele wissen zum Beispiel gar nicht, wie „die Schneeberger“ mit Vornamen heißt. Wie weit ich davon entfernt bin, zeigt sich daran, dass mich ich im letzten Jahr einmal eine Frau in der Holzstraße ansprach mit der Frage: „Sind Sie nicht der Martin Kiefersauger?“ Mein Weltruhm beschränkt sich scheinbar auf Waldram.

Ganz ehrlich: Ich hätte gern Karten für die Fußball-EM und wäre auch gern mal zu Gast bei der Salvatorprobe. Aber von meinem aktuellen Standpunkt aus gesehen ist die Allianz-Arena zu weit – und der Nockherberg zu steil.

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