Eigentlich sollten Jutier- und Tonnenhalle ab 2026 ein neues Kreativquartier in Neuhausen bilden. Doch nun wurde in der Tonnenhalle eine Belastung entdeckt, von der keiner so recht weiß, wie sie dort hinkam: Nitrat. „Eine solche Belastung kann eigentlich nur über Urin in die Wände gelangen“, sagte Ehbauer gestern bei einem Pressetermin vor Ort.
Ans Licht kam die Belastung bei der Instandsetzung der Stahlbewehrung aufgrund von Chloridschäden. Die sind häufig und kommen zum Beispiel durch Streusalz im Winter zustande. Das Schadensbild: Der Stahl setzt roten Rost an und wird porös – „wie Blätterteig“, sagt Ehbauer. Umso überraschter waren die Arbeiter, als sie plötzlich einen völlig anderen Schaden vorfanden: ein durchgebrochenes Stahlstück. Untersuchungen ergaben, dass es sich um Nitratbelastung handelt.
In München ist ein solches Problem erst einmal aufgetreten: Das Elefantenhaus im Tierpark Hellabrunn musste wegen des Urins der Dickhäuter 2014 sogar abgebrochen werden. Warum nun Nitrat in den Wänden der Tonnenhalle steckt, kann sich keiner so recht erklären. Mit Fäkalien oder Urin hatte das Gebäude jedenfalls nie etwas zu tun. Die Experten können nur spekulieren. „Beim Bau im Jahr 1926 könnte zum Anrühren des Betons belastetes Wasser verwendet worden sein“, sagt Ehbauer.
Die gute Nachricht: Im Gegensatz zum Elefantenhaus vor zehn Jahren kann die Tonnenhalle erhalten werden. Das erfordert jedoch eine zeitlich aufwendige Sanierung. Denn der belastete Stahl in den Wänden muss laut Ehbauer in vielen Bereichen ausgetauscht werden.
Warum, das erklärte Stadtdirektor Detlev Langer: „Nitrat macht den Stahl brüchig.“ Er wird so hart, dass er jegliche Flexibilität bei Druck oder Zug verliert. Werden die Kräfte zu groß, bricht der Stahl einfach. Aktuell bedeutet das für die Tonnenhalle sogar eine akute Einsturzgefahr. Aus diesem Grund haben die Bauarbeiter ein großes Gerüst im Inneren der entkernten Halle aufgebaut, das die Gebäudehülle stützt. Ohne dieses Gerüst könnte ein weiterer Knacks im Stahl reichen, damit die Halle einfach in sich zusammenkracht.
Etwa 20 Monate mehr veranschlagen die Experten an Bauzeit. Damit wird die Tonnenhalle erst 2028 fertig. „Jutierhalle, die geplante Tiefgarage und die neue Wegeverbindung im Quartier sind nicht betroffen“, betont Ehbauer. Sie werden wie geplant 2026 eingeweiht. Und: Die Mehrkosten sind dank einer Risikoreserve in der Gesamtbausumme in Höhe von 128 Millionen Euro gedeckt.
Nachrichten, mit denen auch Viertelchefin Anna Hanusch, Vorsitzende des Bezirksausschusses Neuhausen-Nymphenburg leben kann. „Manchmal gibt’s beim Bau einfach unerfreuliche Überraschungen“, sagt sie. Im Falle der denkmalgeschützten Tonnenhalle sei sie froh, „dass eine Lösung gefunden wurde“. Schließlich sei die Halle das Herzstück des neuen Quartiers.