Es war ein historischer Moment für die Stadt München: Auf den Tag genau gestern vor 40 Jahren wurden erstmals Stadträte der Grünen und der Alternativen Liste (ALM) ins Rathaus gewählt. Sie waren Außenseiter, wurden belächelt, beargwöhnt, sogar angefeindet. Doch es ist eine Erfolgsgeschichte: Sechs Mandate waren es 1984 – heute besteht die Fraktion aus 23 Grünen und einem rosa Stadtrat. Gestern nun trafen sich einige der „alten Kämpfer“ der Grünen-Anfangszeit wieder – im Ratskeller, wo damals nach jeder Fraktionssitzung diskutiert wurde. Stolz dachten die Rathaus-Pioniere an ausgefochtene Kämpfe zurück, hinterfragten aber auch: Haben wir genug erreicht?
„Braucht man ein Kochrezept für die Zubereitung von Randgruppen in der Gesellschaft, so nehme man die Münchner Grünen“: Diesen Presseartikel von 1984 zitierte Siegfried Benker, bis 1990 Mitarbeiter der Fraktion. Laut dem Artikel seien die Grünen-Spitzenkandidaten ein „Outsider-Menü“ – bestehend aus „1 Hausmann, 1 Emanze, 1 Schwuler und 1 Hausbesetzer“. Zu der Zeit regierte in Bayern Strauß, in München OB Erich Kiesl (CSU). Das KVR leitete der „schwarze Sheriff“ Peter Gauweiler.
„Wir traten in einem feindlichen Umfeld an“, erinnert sich Sabine Csampai, Grünen-Bürgermeisterin von 1990 bis 1996. Sie hatten Großes vor, sagt Benker: „Wir wollten eine neue Stadt kreieren“. Die Ziele der ersten Fraktion damals: eine neue Energieerzeugung (ohne Kernkraft), die Verkehrswende, eine Müllpolitik, die auf Vermeidung statt auf Verbrennung setzt, ein liberales München, das offen ist für Transsexuelle, Schwule, Ausländer und die Gleichstellung der Frau.
Und was ist aus den Zielen geworden? Auf vieles sind die Grünen stolz: Gerd Wolter (†2019) wurde einst als offen schwul lebender Stadtrat beschimpft – heute feiern Hunderttausende den CSD. Der Ausbau des Radverkehrs und des ÖPNV, der Umbau zur klimaneutralen Stadt, soziales, kommunales und genossenschaftliches Wohnen – viele Anliegen stünden bis heute auf der Agenda der Stadt. Aber – da sind sich die Grünen-Gründer einig: Es hätte mehr erreicht werden müssen. Ob beim Kampf gegen die Klimakrise oder gegen Rechts – die Zeit dränge. Und was raten die alten Kämpfer den Grünen von heute? „Radikaler“, sollten sie sein. „Bleibt standhaft und hartnäckig!“ ast