Bereits Brecht war bei der Postbank

von Redaktion

MICHAEL SCHLEICHER

Der olle Brecht hatte natürlich Recht: „Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“, fragt er in seiner „Dreigroschenoper“. Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Kommunist, der so virtuos die Klaviatur des Kapitalismus gespielt hat, Kunde der Postbank war. Wie auch ich – bis Jahresende. Theoretisch zumindest.

Der Reihe nach: Ich hatte mehr als ein Vierteljahrhundert mein Konto bei der Postbank München. Dann habe ich ein neues Handy bekommen. Mit dem neuen Gerät funktionierte plötzlich mein Online-Banking nicht mehr. Bei der real existierenden Service-Hotline der Postbank sagte man mir, dass man mir nur in einer Postbank-Filiale weiterhelfen könne. Meine Filiale ist jene an der Winthirstraße am Rotkreuzplatz. Als ich dort mein Problem vortragen wollte, unterbrach mich der Mitarbeiter: Die „Expertin für Online-Banking“ sei heute nicht im Haus – und ohne Termin würde sowieso gar nichts gehen.

Ich ließ mir also den nächsten freien Termin in der Folgewoche geben. Da dies nur tagsüber möglich war, musste ich mir in der Redaktion einen freien Tag nehmen. Im Büro der Expertin schilderte ich eine Woche später mein Anliegen. Sie antwortete mit dieser Frage: „Und warum kommen Sie damit zu mir?“ Als ich von der Aussage ihres Kollegen berichtete, hatte sie erneut eine Frage: „Wie kommt der denn darauf?“ Was sie meinte, konnte ich in den folgenden 30 Minuten sehr anschaulich nachvollziehen. In dieser Zeit versuchte die Expertin für Online-Banking der Postbank, auf der Service-Hotline anzurufen, die ich bereits kontaktiert – und deren Mitarbeiter mich zu ihr geschickt hatte. Ich schaute also zu, wie sie in der Warteschleife hing. Nach einer halben Stunde Lauschens der Warteschleifenansage schickte sie mich nach Hause und meinte bedauernd, die Hotline-Kollegen seien wohl überfordert – und ich solle es später nochmals selbst versuchen.

Ich nutzte die Zeit sinnvoller, kündigte nach 27 Jahren mein Konto bei der Postbank fristgerecht zum Jahresende und eröffnete ein neues bei der Konkurrenz. In der zweiten Januarhälfte habe ich meinen Abschluss-Kontoauszug erhalten. Die Postbank bestätigt darin meine Konto-Kündigung zum 31. Dezember 2023. Das hat sie aber nicht gehindert, das Konto bis 11. Januar 2024 weiterlaufen zu lassen und am 2. Januar 2024 die Miete zu überweisen. Die „Service-Hotline“ der Postbank erklärte mir bei meinem Anruf, man könne meine Beschwerde telefonisch nicht bearbeiten, da ich das Konto ja zum 31. Dezember 2023 aufgelöst habe. Um prüfen zu lassen, ob die Postbank mein Geld zu Unrecht überwiesen hätte, müsste ich in die Filiale an der Winthirstraße gehen.

Brecht fand ich schon immer gut.

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