Im Cannabis-Dschungel

von Redaktion

VON JULIAN LIMMER UND MORITZ VOLK

Beispiel Gärtnerplatz – immer schon ein Treffpunkt der Münchner zum Flanieren, Ratschen und Trinken. Bald auch ein beliebter Hotspot für Kiffer? Die Mathilde-Eller-Schule, die Grundschule am Gärtnerplatz und die Klenzeschule liegen ganz in der Nähe. Denkt man an das Verbot des Cannabiskonsums im Umkreis von 100 Meter von Schulen, Kitas und anderen Jugendeinrichtungen: Dann wird’s kompliziert.

Im Internet kursieren schon länger verschiedene Stadtpläne, auf denen Verbots- und Erlaubniszonen für Cannabis verzeichnet sind. Die erlebten einen so großen Andrang, dass bei einer davon sogar der Server in die Knie ging. Aber: Diese Karten sind inoffiziell und unterscheiden sich teilweise voneinander. Je nachdem, welche Karte man konsultiert, müsste der Cannabiskonsum etwa auf der einen Seite der Theatertreppe erlaubt sein, auf der anderen aber nicht. Eine andere Karte weist den ganzen Platz inklusive Treppe als Verbotszone aus, auf der Straße, die direkt daneben abgeht, wäre Kiffen aber erlaubt. Das ist undurchschaubar – findet auch Studentin Sophia Weimar (27). Sie meint, dass Regeln klar kommuniziert werden müssten, bevor es zur Legalisierung kommt: „Ich glaube, niemand weiß genau, wo man kiffen darf und wo nicht.“

Willkommen im Cannabis-Dschungel! Im Gesetz heißt es: Konsumenten dürfen nicht in „Sichtweite“ von Schulen, Kinderspielplätzen, Kinder- und Jugendeinrichtungen oder Sportstätten kiffen – damit einher geht der Umkreis von 100 Metern. Doch für die Polizei ist die Abstandsregel problematisch. Weil: Was bedeutet „Sichtweite“ genau? Was ist zum Beispiel, wenn zwischen einem Spielplatz und einer kiffenden Person zwar weniger als 100 Meter Abstand liegen, dafür aber ein Gebäudekomplex? Ist das dann die Sichtweite oder nicht? Eine Frage, auf die die Münchner Polizei noch keine eindeutige Antwort hat. „Es muss dann eine Einzelfallentscheidung sein“, sagt ein Sprecher. Im Zweifel müssten Gerichte entscheiden, um Klarheit zu schaffen. „Vieles muss sich noch zeigen“, so die Polizei. Klar ist nur: Wer die Abstandsregel missachtet, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Unklare Stellen im Gesetz kritisiert das bayerische Innenministerium: „Es ist eine Zumutung für die Polizei, diesen undurchdachten Regelungswust kontrollieren zu müssen, soweit das überhaupt kontrollierbar ist“, so Innenminister Joachim Herrmann (CSU).

Die Abstandsregel ist nicht das Einzige, was Kiffer beachten müssen: So soll Cannabiskonsum auch in Fußgängerzonen verboten sein – allerdings nur von 7 bis 20 Uhr. Und auch auf Veranstaltungen oder Events sollte man aufpassen: So bleibt Kiffen verboten, wenn Kinder in der Nähe sind. Das nimmt etwa das Tollwood zum Anlass, Gäste zu bitten, nicht auf dem Gelände zu konsumieren. „Wir sind ein Festival für Familien und Kinder“, heißt es.

Und wer an öffentlichen Plätzen Cannabis raucht, sollte seinen Joint besser nicht weiterreichen. Das zählt im Zweifel als illegale Weitergabe des Stoffs!

Eine eigene Polizeieinheit, die sich um die Einhaltung der Kifferregeln kümmert, soll es in München nicht geben. Anzeigen wegen Verstößen gab es in den ersten beiden Tagen in München ebenfalls noch nicht. Nur einige Kiffer sind gleich am Montag demonstrativ vor die Parteizentrale der CSU gezogen (wir berichteten) – aber ist ja keine Schule, also alles legal.

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