Die Weltliteratur – ein Kinderspiel

von Redaktion

Der Pasinger Michael Sommer inszeniert Klassiker mithilfe von Playmobil-Figuren

Michael Sommer aus Pasing spielt mit Playmobil-Figuren weltbekannte Bücher nach und filmt seine Inszenierungen. Seine zehnminütigen Videos auf dem Youtube-Kanal „Sommers Weltliteratur to go“ haben 30 Millionen Aufrufe. Der 47-jährige Germanist und Deutschlehrer erklärt, wie seine witzigen und jugendsprachlichen Interpretationen die Gesellschaft zusammenhalten können.

Warum Playmobil und nicht Lego?

Ich hab auch schon mit Barbie-Puppen experimentiert, aber die können ja nicht mal alleine stehen. Playmobil-Figuren haben eine gute Größe für die Kamera. Playmobil ist einfach supersympathisch. Und das Wichtigste: Es kommt aus Bayern.

Wie viele Figuren sind es inzwischen?

Die letzte Volkszählung ist schon eine Weile her, aber ich schätze 1700.

Und die haben Sie alle für die Videos gekauft?

Ja. Wo die Playmobil-Figuren aus meiner Kindheit abgeblieben sind, weiß ich nicht. Aber die waren damals ja auch ganz einfach.

Wenn es mal keine passende Figur gibt, gestalten Sie die dann um?

Playmobil-Figuren kann man ja gut auseinandernehmen und zusammensetzten, wie man sie braucht. Für manche Details muss ich schon mal die Spraydose oder den Edding rausholen. Für „Star Wars“ habe ich den Kopf einer Darth-Vader-Figur auf einen Playmobil-Rumpf geklebt. Und weil er so eine ikonische Figur ist, spielt er bei Faust den Erdgeist und bei Hamlet dessen Vater.

Wie viel Zeit brauchen Sie für ein Video?

Zuerst lese ich das Buch, selbst wenn ich es schon gelesen habe. Fürs Skript und die Ausstattung brauche ich anderthalb Arbeitstage. Die Kulissen erstelle ich inzwischen mit Künstlicher Intelligenz. Für Dreh und Nachbearbeitung brauche ich dann noch mal einen Arbeitstag.

Was bringt Sie dazu, so viel Zeit zu investieren?

Ich lese gern – sonst würde ich das alles nicht machen. Aber Geschichten sind auch wahnsinnig wichtig für unsere Gesellschaft. Wenn wir keine gemeinsamen Geschichten mehr haben, die unsere Werte beinhalten, fallen wir auseinander. Denn wir sind Geschichten-Tiere – wir verstehen die Welt und uns selbst durch Geschichten. Deshalb mache ich Werbung für kulturelle Werke.

Ist Ihr Kanal nicht auch perfekt für faule Schüler?

Meine Videos geben einen Überblick über die Handlung, wenn man das Buch schon mal gelesen hat. Nur das Video ankucken reicht nicht – dann weiß man ja nicht, was ein Witz von mir ist und was wirklich im Buch steht.

Sie verwenden sehr oft Jugendsprache.

Die Jugendsprache spricht viele an. Und Schüler sind meine Haupt-Kundengruppe: Die meisten Zugriffe im Jahr habe ich am Tag vor dem Deutsch-Abi. Das sind dann zehnmal so viele wie sonst.

Was ist eigentlich Ihr Lieblingsbuch?

Das weiß ich gar nicht. Als Jugendlicher hab ich aber „Der Herr der Ringe“ ungefähr zehnmal gelesen.

Welches Buch ist schwer zu verplaymobilisieren?

Aufwendig ist es, wenn ich oft umbauen muss, zum Beispiel bei „Das Wintermärchen“ von Shakespeare. Das Gegenteil davon ist „Nathan der Weise“, da wird sehr viel geredet.

Gibt es ein Buch, für das zehn Minuten einfach nicht reichen?

Die Bibel gibt es bei mir als Reihe. Da ist es nicht ein Video, sondern 66.

Das Gespräch führten Lea Warmedinger und Moritz Volk

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