Aufstand der Händler

von Redaktion

Kundin im Kleiderbügel: traurige Entwicklung.

Peter Büscher mit Sohn Manuel im Laden.

Carina Freytag-Hafen von Optik Marx sitzt vor dem Geschäft in der Augustenstraße 10: Sie ist sauer über die Pläne der Stadt. Im Hintergrund sieht man die häufig chaotische Situation auf dem engen Bürgersteig mit schmalem Radweg. © SIGI JANTZ

Von der Brienner Straße bis zum Josephsplatz (Kirchtürme hinten) soll alles anders werden. © Google Earth

Im nächsten Jahr feiert Optik Marx 60-jähriges Jubiläum, sagt uns Inhaberin Carina Freytag-Hafen stolz. Doch die Vorfreude wird deutlich getrübt, wenn sie an die Pläne der Stadt denkt: Die Augustenstraße soll zwischen Brienner Straße und Görresstraße – also fast bis zum Kirchplatz von St. Joseph – umgestaltet werden. Und zwar so, dass 57 Parkplätze entfallen. „Und direkt vor meinem Laden sollen weitere Parkplätze in eine Lieferzone umgewandelt werden. Das ist einfach alles nicht durchdacht, da wird Geld rausgehauen und eine Ideologie durchgepresst.“ Mit ihrer Ansicht ist die Münchnerin nicht allein. Dem Fass den Boden aus schlägt für sie das Vorgehen der Stadt: Die Ladenbesitzer wurden nie informiert.

Das Baureferat hat ein vierseitiges Schreiben verfasst, das uns vorliegt, in dem die „Umgestaltung Augustenstraße“ näher beschrieben wird. Baubeginn: Herbst 2025, Dauer: ca. zwei Jahre. Die wichtigsten Punkte: Um „die Aufenthaltsqualität nachhaltig zu verbessern“, werden die Radlwege zwischen Görres- und Briennerstraße abgeschafft und der Gehweg verbreitert. Die Radler kommen auf die Straße, und auch die Zahl der Parkplätze schrumpft: von bislang 254 Pkw-Stellplätzen auf 197, doch von diesen sind nochmals 26 Parkplätze Lieferzonen, sprich: Tagsüber, zu Lieferzeiten, fallen diese ebenfalls für die ganz normalen Kunden der zahlreichen Einzelhändler weg. Dafür gibt es 192 neue Fahrrad- und zehn Lastenradstellplätze.

Carina Freytag-Hafen ist „fassungslos“, sagt sie unserer Zeitung. „Wir fühlen uns von der Stadt komplett allein gelassen. Uns reicht es!“ Sie wolle dafür sorgen, dass sämtliche ihrer Einzelhändler-Kollegen in der so umtriebigen Augustenstraße informiert werden.

Vier Hausnummern weiter Richtung Brienner Straße hat Gunter Franz Szautner sein Textilpflege-Geschäft Kleiderbügel. Rund 70 Prozent der Kunden, so der Inhaber, kämen von außerhalb. „Du kannst die gereinigten Kleider ja nicht zu Fuß transportieren.“ Er habe wegen der ohnehin schon verheerenden Parkplatz-Situation ein Lastenradl angeschafft, aber auch das hat seine Tücken. „Lass es Winter sein oder regnen, dann kriegst du Probleme, die Kleider auszufahren, ohne dass sie Schaden nehmen. Die Situation ist jetzt schon eine Katastrophe.“ Eine seiner Stammkundinnen hat sich gerade ein Kleid abgeholt. „Es ist nur noch traurig, was die Stadt da plant“, sagt sie. Und es ginge ja nicht nur um die Waren der Händler – „wenn ich einem Handwerker sage, dass ich ihm keinen Parkplatz garantieren kann, dann kommt er nicht“, sagt Szautner, dessen Geschäft vor rund 50 Jahren sein Vater gegründet hat.

Andere Straßenseite, noch weiter zurück Richtung Brienner Straße. Hier hat Peter Büscher sein Koffergeschäft in dritter Familien-Generation. Die vierte steht schon in den Startlöchern in Gestalt seines Sohnes Manuel (21). „Es ist immer wieder faszinierend, wie die Stadt, die kein Geld hat, hochtrabende Projekte in die Wege leitet“, sagt er süffisant. „Der Umbau Augustenstraße ist wahnsinnig gefährlich für alle. Für die Händler, für den Verkehr, für die Radler.“ Ohnehin sei diese Meile in der Maxvorstadt noch eine der wenigen belebten, wuseligen Ecken der Stadt. „Pro Stunde radeln und gehen hier 500 Leute an meiner Ladentüre vorbei. Wie das mit Radlern, Autos und Bussen funktionieren soll, ist völlig rätselhaft.“

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