Gegen den Kiff-Club: Joelma Rammelsberger.
Aus medizinischen Gründen: Jan E. hat sich im „Chillout Club“ angemeldet.
Deutschlands bekanntester Cannabis-Verkäufer: Wenzel Cerveny mit seinem „Chillout Club“. © Rossmann
Die Kiff-Saison in Bayern beginnt! Ab heute dürfen Anbauvereinigungen ihren Antrag auf Erlaubnis beim Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) abgeben. Eine von ihnen ist der „Chillout Club“ in Aschheim. Vorsitzender Wenzel Cerveny (62) ist Deutschlands bekanntester Cannabis-Verkäufer. Seit Wochen bereitet er sich auf diesen Tag vor. Cerveny, der selbst nach eigener Aussage noch nie gekifft hat, sitzt in einem Meer aus 600 Hanfpflanzen in seiner „Natur Erlebniswelt“: Die Stecklinge darf er bereits verkaufen. Wenn sein Kiff-Club genehmigt ist, will er sie dem Verein übertragen – und damit Cannabis für die Mitglieder anbauen.
Doch die Nachfrage ist nicht gerade „grasant“: Bei erlaubten 500 Mitgliedern sind noch 370 Plätze frei. Dabei bekommen Mitglieder 50 Gramm im Monat für 150 Euro Gebühr, also das Gramm für günstige drei Euro. Cervenys Erklärung: „Die Leute glauben nicht, dass sie dieses Jahr noch Cannabis bekommen.“ Tatsächlich: Ministerpräsident Markus Söder hatte angekündigt, es den Anbauvereinigungen so schwer wie möglich zu machen. Auch Cerveny traut dem Behörden-Braten nicht. Er hat Angst, „dass es nach 90 Tagen heißt: Absage – wegen eines Formfehlers“.
Cerveny rechnet damit, dass viele Anbauvereinigungen erst im Januar 2025 Cannabis ausgeben können: „Wenn die Behörde 90 Tage für die Genehmigung braucht, muss man noch einmal 90 Tage für die Aufzucht und drei Wochen für Trocknung draufrechnen.“
Wer einen Kiff-Club eröffnen will, muss sauber sein. „Vorstände müssen beispielsweise ein polizeiliches Führungszeugnis und den Eintrag aus dem Zentralregister vorlegen.“ Cerveny holte auch Rat von Anwälten ein, ließ Gutachten erstellen – und kämpft nebenbei gegen die Gemeinde, die mit einem Spielplatz seinen Club verhindern will. Für die Mitglieder selbst sind die Hürden aber wesentlich niedriger. „Wer Mitglied sein will, muss 150 Euro zahlen – und mindestens 25 Jahre alt sein.“ Das Gesetz erlaubt es schon ab 18, Cerveny will sein Gras aber nur an Ältere abgeben. „Studien beweisen, dass das Gehirn ab 25 ausgewachsen ist. Da sind weniger Schäden möglich.“
Der gelernte Fleischereifachverkäufer Jan E. (28) war einer der ersten, die sich beim „Chillout Club“ angemeldet haben. Vor allem aus medizinischen Gründen, sagt er. „Als Jugendlicher hatte ich ADHS, bekam Ritalin. Mit 18 habe ich das erste Mal Hanf probiert. Es gab mir eine innere Ruhe.“ Kann er denn 50 Gramm im Monat wegrauchen? „Es geht ja nicht nur um den Rausch“, sagt Jan. „Man kann daraus Butter machen. Oder auch Öle und Salben.“
In der Nachbarschaft sieht man den „Chillout Club“ nicht so gechillt. „Wir alle hier sind damit nicht einverstanden“, sagt Anwohnerin Joelma Rammelsberger. „Es gibt hier sehr viele Kinder in der Siedlung. Da wird niemand von uns Mitglied.“ Rammelsberger war noch nie in Cervenys Laden – würde aber gerne. „Wir sind schon neugierig und haben mit den Nachbarn ausgemacht: Wir schauen da alle mal zusammen rein.“ THOMAS GAUTIER