USK-Beamter Matthias R. wird den Einsatz im Februar 2023 nicht vergessen. © Astrid Schmidhuber, Imago
Präsident Thomas Hampel (2.v.li.) stellte die Zahlen vor.
Wer beim Unterstützungskommando (USK) der Münchner Polizei seinen Dienst leistet, ist einiges gewohnt. Die speziell ausgebildeten Beamten werden immer dann gerufen, wenn es richtig brenzlig wird. Der Einsatz, den Matthias R. aber wohl nie vergessen wird, war im Grunde eigentlich keiner. Am 20. Februar 2023 hatte seine Einheit spätabends an einer Tankstelle in Ramersdorf gehalten, um Wasser zu kaufen. Weniger Momente später befand sich der 29-Jährige in akuter Gefahr. Ein Reichsbürger hat die Tankstelle und die Polizisten beschossen. „Das bleibt haften“, sagt Matthias R. über einen Angriff, der praktisch aus dem Nichts kam.
Mit dem Erlebten ist er nicht allein. Insgesamt ist es im Jahr 2023 zu 1449 Fällen von Gewalt gegen Polizisten in Stadt und Landkreis München gekommen. Das zeigt die druckfrische Statistik, die das Münchner Polizeipräsidium am Freitag vorgestellt hat. Wie Polizeipräsident Thomas Hampel dabei verdeutlichte, gibt es einen leichten Rückgang im Vergleich zum Vorjahr. Damit kann angesichts der nach wie vor hohen Zahlen aber niemand glücklich sein.
Denn: Blickt man zehn Jahre zurück, gibt es ein trauriges Plus von insgesamt 20,4 Prozent zu verzeichnen. Besonders nachdenklich stimmt laut Hampel dabei, dass es längst nicht mehr bei Beleidigungen oder Bedrohungen der Beamten bleibt. „Die Hemmschwelle sinkt weiter“, sagt der Polizeipräsident. „Der Respekt hat massiv nachgelassen.“ Die Folge: Ein Großteil der Straftaten, in der aktuellen Statistik (949) richtet sich direkt gegen die körperliche Unversehrtheit der Beamten. Hier zeigt der Zehn-Jahres-Vergleich ein Plus von 38,3 Prozent. „Das ist ein Punkt“, betont Hampel, „den wir nicht akzeptieren können.“
Zumal es bei den Angriffen auch drei Messerattacken gab. Zweimal wurde eine Schusswaffe gegen einen Polizisten gerichtet. Die Täter sind zu 83 Prozent männlich, zu 51 Prozent betrunken und zu 84 Prozent bereits polizeibekannt.
Der Reichsbürger, der Matthias R. und seine Kollegen vom USK angegriffen hat, wurde inzwischen zu einem Jahr und zwei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Bei seinem Angriff auf die Tankstelle hatte er Stahlkugeln mit einer Profi-Zwille abgefeuert. Zum Glück wurde bei dieser Aktion niemand verletzt. Als die Polizisten dort zufällig anhielten, war die Scheibe des Verkaufsraums zerborsten. „Ich habe den Pächter gefragt“, erinnert sich der 29-Jährige, „wann denn das passiert ist. Seine Antwort war: ,Jetzt gerade.`“ Von einer Sekunde auf die andere wurde den Polizisten klar, dass vor Ort niemand sicher ist. Dann hörte Matthias R. schon eine Kugel an seinem Kopf vorbeizischen. „Ein Geräusch, das man nicht mehr vergisst.“
NADJA HOFFMANN