INTERVIEW

Mit 40 fang ich noch mal neu an

von Redaktion

Angela Ascher über Kinder, Karriere und Kabarett

Angela Ascher tritt im Schlachthof mit ihrem ersten Kabarettprogramm auf. © Tom Osswald

Sie hätte es sich bequem einrichten können in ihrem neuen Leben. Die beiden Töchter, 15 und 18 Jahre alt, sind aus dem Gröbsten raus und als Schauspielerin vom ernsten bis zum heiteren Fach ist Angela Ascher(46) gut im Geschäft. Bei den Nockherberg-Fans erreichte die Dorfnerin durch ihre Darstellung von Ilse Aigner fast schon Kultstatus. Was anfangen mit der übrigen Zeit? Charity-Lady und Schmuck-Designen jedenfalls sind das ihre nicht. Die Mittvierzigerin ging aufs Ganze und erfand sich als Comedian neu. Jetzt hat Ascher ihr erstes großes Etappen-Ziel erreicht, am 11. Juli spielt sie mit ihrem ersten Solo-Programm „Verdammt, ich lieb mich“ im großen Saal des Wirtshauses am Schlachthof. Unsere Zeitung sprach mit Ascher über ihre zweite Karriere, Selbstliebe und Mut.

Wie wird eine Schauspielerin zur Comedian?

Meine Kinder sind jetzt in der Pubertät und da merkte ich, dass ich auf einmal nicht mehr die Königin war. Sie haben mich quasi vom Thron gestoßen – und ich hatte plötzlich auch wieder Zeit für mich. Die beiden sind froh, wenn ich abends weggeh. Ich konnte noch mal was Neues wagen.

Da kann einem viel einfallen …

Ich wollte etwas haben, wo mir niemand reinreden kann. Als Schauspielerin hast du immer so einen Rattenschwanz an Leuten dran, die über dich entscheiden, egal ob Produktion, Regie oder auch der Sender. Das ist manchmal so willkürlich, ob man eine Rolle bekommt. Ich wollte mich unabhängig machen und glaube, dass das auch etwas ist, das die bayerischen Frauen über 40 interessiert und mit dem sie sich identifizieren können.

Nicht jede hat das Zeug zum Kabarett.

Darum geht es auch nicht. Wir Frauen haben einfach so viel Kapazitäten, die Jahrzehnte nur in die Familie, nur in die Kinder gegangen sind. Über 40 ist ein wunderbares Alter, mal was ganz Neues anzufangen und sich unabhängig zu machen. Finanziell vom Mann ist das sowieso super, aber auch die emotionale Schiene ist wichtig. Das muss ja auch nicht unbedingt Kabarett sein. In meinem Fall wollte ich einfach nicht mehr daheim sitzen und warten, bis Hollywood anruft.

Was gab den Anstoß zum eigenen Solo-Programm?

Mit Nockherberg und Frauengeschichten habe ich viele komödiantische Sachen gemacht, aber auch gemerkt: Wenn du da ernst genommen werden willst, brauchst du ein eigenes Programm. Das hat mich gereizt, das ist die Königsklasse, wenn du zweimal 50 Minuten auf der Bühne stehst und die Leute zum Lachen bringst, vom Anfang bis Ende. Ich habe mich lange davor gedrückt, und musste ich erst Mitte 40 werden, damit ich dafür die Eier in der Hose habe.

Ihr Programm heißt „Verdammt, ich lieb mich.“ Ein persönliches Ding von Ihnen?

Ständig, immer. Letztes Jahr war mein schlimmster Sommer, ich hatte gar nicht mehr an mich geglaubt und große Versagensängste. Von wegen „Ich lieb mich“! Genau das Gegenteil war der Fall. Das war das „Verdammt“ im Titel. Aber wenn du dann die Leute zum Lachen bringst, das ist schon ein beglückendes Gefühl, dann bist du auch sehr schnell beim „Ich lieb mich“.

Wie haben Sie die Selbstzweifel überwunden?

Als ich die ersten Nummern vor kleinem Publikum gespielt habe, ist das in die Hose gegangen. Aber da hilft nur:immer weitermachen. Deswegen macht man auch die Open-Mics, die kleinen Bühnen für Stand-up-Comedians, in denen du einzelne Nummern in Sieben-Minuten Slots ausprobieren kannst. Das habe ich manchmal drei-, viermal am Abend gemacht, mit dem Fahrrad hin und her.

Das Programm ist sehr autobiografisch. Wie finden das ihre pubertierenden Töchter?

Die haben es noch nicht gesehen, ich glaube, es ist ihnen peinlich. Aber die Große wird wahrscheinlich zum ersten Mal im Schlachthof dabei sein. Da werde ich sicher wieder so nervös sein wie beim ersten Besuch meiner Eltern. Es ist ja schon sehr persönlich. Du machst dein Hemd auf und zeigst alles her, das ist ein richtiger Seelenstriptease. Aber ich habe es ausgekostet, als meine Mutter gleich mehrmals einen roten Kopf bekam.

Ihr Ziel?

Der Circus Krone! Es gibt nichts Geileres, als dort zu spielen.


INTERVIEW: THOMAS OSSWALD

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