Fordert Verbote: Zahnarzt Dirk Hoffmann.
Ist verzweifelt: Wirt Peter Pazmandi.
Fürchtet um den Ruf ihrer Firma: Gabriele Holder.
Im Alten Botanischen Garten kontrolliert nun die Polizei, aber das Klientel sucht sich neue Orte. © Marcus Schlaf
Peter Pazmandi (44) ruft mal wieder die Polizei. Neun Männer sitzen auf der Terrasse seiner Bar Cucurucu gegenüber vom Alten Botanischen Garten. Die meisten betrunken oder unter Drogen. Fünf Minuten später kommen Beamte in Uniform und in Zivil. Sie sollen die Männer verjagen. Weil Wirt Pazmandi sich nicht traut: „Ich mach das nicht mehr, ich wurde schon zweimal angegriffen.“
Anfang Juni ließ OB Dieter Reiter (66, SPD) Kameras aufstellen, Polizei und Kommunaler Außendienst (KAD) patrouillieren öfters, eine Taskforce will den Park mit Biergärten und Freizeitangeboten befrieden (wir berichteten). Und offenbar passierte dann das, was viele erwartet haben: Die Alkohol- und Drogenszene hat sich verlagert – über die Straße, schräg gegenüber vom Karl-Stützel-Platz mit dem großen roten Ring.
Dort seien jetzt deutlich mehr Drogen- und Alkoholabhängige auf dem ehemaligen Parkplatz vor seinem Haus, sagt Anwohner Wolfgang Maier. „Es ist massiv schlimmer geworden.“ Wirt Pazmandi stimmt zu: „Jeden Tag kampieren Betrunkene oder Menschen unter Drogen auf meiner Terrasse. Kunden und Mitarbeiter haben Angst – und für mich ist es extrem geschäftsschädigend.“
Unternehmerin Gabriele Holder sagt das Gleiche: „Es ist hier hundertprozentig schlimmer geworden seit den Maßnahmen der Stadt.“ Sie bietet Stadtführungen an. „Wir haben täglich 350 Kunden aus aller Welt. Die warten vor dem Laden, werden angebettelt. Einer bietet ihnen auch immer wieder Rum aus der Flasche an.“ Für sie eine Katastrophe: „Das schreiben Kunden später auch in den Rezensionen.“ Rechtsanwalt Jürgen Bode (59) ärgert sich über Betrunkene, die nachts im Hauseingang schlafen – oder da ihr Geschäft verrichten. Oder beides gleichzeitig.
Gerade die Hygienesituation ist für die Anwohner ein großes Problem. Zahnarzt Dirk Hoffmann hat seine Praxis im ersten Stock: „Die kommen zu uns hoch und gehen aufs Klo. Geschäftsschädigend hoch zehn.“ Der Juniorchef eines uigurischen Restaurants, Üdüm Abliz (22), klagt: „Sie gehen bei uns aufs Klo und wollen nicht gehen, wenn wir was sagen. Andere setzen sich auf die Terrasse, klauen Zigaretten oder greifen Gästen ins Essen.“ Wie zum Beweis pöbelt ein Betrunkener vor seiner Terrasse herum, als er das sagt. Wenig später pinkelt ein Mann vor aller Augen gegen einen Baum. Die Anwohner haben jetzt Oberbürgermeister Dieter Reiter geschrieben – und bitten ihn um Hilfe. Stadtführerin Holder und Wirt Pazmandi wünschen sich mehr Polizeipräsenz. Zahnarzt Hoffmann möchte, dass die Stadt an dieser Stelle ein Alkohol- und Drogenverbot erlässt. Wolfgang Maier fordert, dass die Suppenküche der Caritas auf dem Platz vor den Häusern verlegt wird. „Wir haben hier eine Obdachlosenunterkunft, die Suppenküche und jetzt die Leute aus dem Park. Das ist einfach zu geballt.“
Die Stadt will jetzt reagieren: Das Kreisverwaltungsreferat will auf Anfrage „eine verstärkte Bestreifung des Gebiets durch den KAD in den kommenden Wochen veranlassen, um die Lage weiter zu beobachten und gegebenenfalls zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen“.