Schockiert über den Anschlag: Cara Schulze.
Feuersbrunst: Der Täter hatte eine Flagge mit Benzin übergossen und angezündet. © privat, Limmer
Es passiert in der Nacht zu Freitag, kurz vor 1 Uhr – als sich ein junger Mann dem Pro-Palästina-Camp an der Uni nähert. Er kippt Benzin über Gedenkbilder getöteter palästinischer Kinder, über mehrere Banner und Fahnen. Eine Frau brüllt im Hintergrund: „Ruft die Polizei.“ Zu spät. Der Unbekannte steckt eine der Flaggen in Brand. Das Feuer – es breitet sich sofort über die ganze Front des Camps aus. Der Mann wirft zufrieden einen Blick auf das Flammenmeer.
Der Feueranschlag an der Ludwig-Maximilians-Universität – er wurde von mehreren Zeugen mit ihren Handys gefilmt. Die Videos liegen unserer Zeitung vor. „Wir sind alle schockiert“, sagt Camp-Sprecherin Cara Schulze (27). Zehn Pro-Palästina-Aktivisten seien in der Nacht auf dem Camp gewesen, als der Brandstifter zuschlug. Nach der Tat brach kurz Hektik auf dem Gelände aus, Teilnehmer rannten umher, löschten die Flammen mit einem Feuerlöscher. Auch diese Szenen zeigen Videos. Verletzt wurde aber zum Glück niemand.
„Der Täter ist danach einfach in aller Seelenruhe weggegangen“, erzählt Schulze. Einige Camp-Teilnehmer hätten ihn verfolgt und umstellt, dann sei auch schon die Polizei gekommen, sagt sie. Insgesamt waren über 40 Beamte nach der Brandattacke im Einsatz. Sie konnten einen 26-Jährigen mit deutscher Staatsangehörigkeit noch in Tatortnähe festnehmen.
Die Generalstaatsanwaltschaft ermittelt nun in dem Fall. Es sei von einem „muslimfeindlichen Hintergrund als Tatmotiv“ und „Hasskriminalität“ auszugehen, teilt die Staatsanwaltschaft mit. Weitere Hintergründe zum Täter sind noch unklar. Fakt ist aber: Er kam nach der Vernehmung wieder auf freien Fuß. Die Zelte oder Pavillons des Camps wurden nicht beschädigt. Den Sachschaden schätzt die Polizei auf mehrere Hundert Euro.
Im Camp sitzt der Schock nach der Tat tief – überraschend sei der Angriff aber nicht gekommen, sagt Cara Schulze. „Die Aggression gegen uns wächst seit Monaten: Wir werden täglich beschimpft und diffamiert.“ Auch der Tatverdächtige sei vorher schon einmal am Camp gesehen worden, hätte Flaggen bespuckt, erzählt die Aktivistin. Ob die Polizei das Camp nach dem Anschlag künftig stärker bewacht, konnte eine Sprecherin nicht konkret sagen: „Wir bewerten die Lage fortlaufend und ergreifen entsprechende Maßnahmen“, sagt sie.
Die Palästina-Unterstützer hatten das Camp Mitte Mai im Zuge des Gaza-Krieges am Professor-Huber-Platz errichtet. Seither ist es hoch umstritten. Charlotte Knobloch (91), Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, sprach in Bezug auf das Camp von einem „schändlichen Spektakel“. Kritiker werfen den Teilnehmern vor, Israel einseitig als Aggressor in dem Konflikt darzustellen, ohne das Vorgehen der Hamas klar zu verurteilen. Von den Veranstaltern heißt es hingegen, man sei ein Zusammenschluss verschiedener Gruppen, die die Solidarität mit Gaza eint.
Trotz des Brandanschlags: „Wir werden weitermachen“, sagt Cara Schluze. Vorerst ist das Camp noch bis zum 21. August genehmigt.