Eiskalte Abzocke mit Coldplay

von Redaktion

Coldplay-Sänger Chris Martin in Aktion.

Aus dem Internet geklaut: Die Betrüger nutzen ein Foto von Lisas Website.

Die Konzerte von Coldplay an drei Tagen im Olympiastadion sind ausverkauft. © Hangen, dpa, privat

Ein Leser hat den Anstoß gegeben, sich die Ticketbörsen genauer anzusehen. Er hat 270 Euro für zwei Coldplay-Tickets an einen Anbieter in einer Facebook-Gruppe überwiesen – und die Karten nie erhalten. Er erstattete Anzeige. Wir begeben uns auf Facebook in eine der Gruppen und stoßen auf zahlreiche Einträge zu Kartenverkäufen für Coldplay. Wir schreiben ein Profil an – Lisa Reisinger aus Eichendorf. Die Frau mit dem netten Lächeln verkauft Tickets für 15. und 18. August. Sie schreibt gleich zurück: 130 Euro will sie für einen Stehplatz im Innenraum (auf E-Bay werden etwa 300 Euro aufgerufen). Sie schickt ein Foto der Bestellbestätigung. PayPal habe sie nicht. Sie bietet uns an, dass wir die Hälfte des Geldes nach Erhalt der digitalen Tickets bezahlen. Sie postet ihren Personalausweis, schickt ihre Bankverbindung. Wir sollen „in Echtzeit“ überweisen. Fünf weitere Profile schreiben wir an. Jedes Mal das selbe Spiel. Und immer: kein PayPal, in Echtzeit überweisen.

Wir finden heraus, dass es viele Profile zweimal gibt. Die gefälschten – und die echten. Auch Lisa Reisinger gibt es wirklich. Ihr Profilbild wurde von ihrer Website geklaut. Sie erzählt, dass sie vor zwei Jahren Konzertkarten in einer Facebook-Gruppe kaufen wollte. 800 Euro habe sie überwiesen, Karten bekam sie nicht. Fatal: Sie lud ihren Ausweis hoch, die Betrüger gaben vor, ihn zu brauchen, um die Karten zu personalisieren. „Das war ein Fehler, aber ich wollte die Karten unbedingt. Da ignoriert man das ungute Gefühl mal.“ In zwei Jahren hätten über 100 Betrugsopfer aus ganz Deutschland wegen ihrer Tickets bei ihr angerufen.

Sie erstattete Anzeige bei der Polizei in Landau an der Isar. Dort kennt man solche Fälle. „Das ist ein Problem, das die Polizei vor große Aufgaben stellt“, sagt Polizeihauptkommissar Tobias Flexeder. Die Verfolgung der IP-Adressen sei schwierig. „Findige Internetbetrüger agieren über ausländische Server. Die Verfolgung der digitalen Adressen ist schwierig und mit unseren technischen Möglichkeiten begrenzt.“

Die Überprüfung der Bankverbindungen zeigt: Alle Konten wurden bei deutschen Onlinebanken eröffnet. Dazu muss man sich per Video identifizieren. Wie ist das möglich? Durch Betrug, sagt eine Sprecherin der Münchner Polizei. Die Täter würden Personen anwerben, etwa für Marktforschungszwecke, heißt es, mit Provision. Sie sollen sich durch die Aufnahme eines Fotos mit Ausweis verifizieren. Später soll man – ganz regulär – ein Konto eröffnen, um etwa die Kundenzufriedenheit zu testen. Eine Finte. Diese Konten sind nur kurz aktiv, oft schöpft die Bank Verdacht. „Solche Fälle melden wir unverzüglich der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen. Zudem sperren wir betreffende Konten gegebenenfalls“, so ein Sprecher der Bank N26.

Lisa Reisinger hat sich damit abgefunden, dass die Anrufe „wohl nie aufhören“. Bei Facebook hat sie das Fake-Profil gemeldet. Die unglaubliche Reaktion: „Es wurde als seriös eingestuft.“

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