Parkplätze als Problemzonen

von Redaktion

Neuer Polit-Streit um die Innenstadt entbrannt – Münchner FDP gegen Bundes-Partei

Für die Verbreiterung des Radwegs in der Zeppelinstraße sollen Parkplätze weichen. © Marcus Schlaf

Verkehrs-Debatte: Politiker Roth am Freitagnachmittag im Gespräch mit Handwerker Giulio Sacchia.

Fritz Roth von der Münchner FDP am Lieferwagen eines Handwerkers im Tal. © Fotos: Martin Hangen (2)

Das Auto erhitzt dieser Tage nicht nur die Städte, sondern vor allem die Gemüter. Die Münchner Innenstadt, schon seit Jahren Zoff-Zone insbesondere zwischen Grünen, Handwerkern und Anwohnern, sorgt jetzt für eine neue Frontlinie innerhalb der FDP. Hintergrund: Das Bundespräsidium der Liberalen hat einen Fünf-Punkte-Plan für die Stärkung des Autos vorgelegt (wir berichteten). Unter dem Motto „Fahrplan Zukunft: Eine Politik für das Auto“ plädiert die Partei unter anderem für kostenloses Kurzzeitparken in Innenstädten. Dazu soll es eine Art Flatrate geben, ähnlich wie beim Deutschland-Ticket. Fußgängerzonen und Radwege sollen nur dann ermöglicht werden, wenn sie ins Gesamtkonzept passen.

Die Münchner FDP sieht das aber ganz anders. Stadtrat Fritz Roth findet den Vorstoß seiner Bundes-Chefs „kontraproduktiv“. „Gratisparken in der Innenstadt ist nix für München“, denkt er. „Das Zentrum ist sehr gut mit dem ÖPNV und dem Rad erreichbar, und der Platz ist begrenzt.“ Abgesehen davon mache man Pendlern das Leben zur Hölle, wenn auch noch alle zum Shoppen mit dem Auto in die Innenstadt kämen. Allerdings müsse man dringend an Handwerker und Lieferanten denken. „Für uns ist es ein Problem, wenn wir täglich eine Stunde nach einem Parkplatz suchen und dann noch später zu Frau und Kind nach Hause kommen“, sagt Giulio Sacchia vom Installationsbetrieb Nüßler. „Auch für Ärzte und Dienstleister sind Parkplätze nicht ganz unerheblich“, meint Roth. „Wir haben in der FDP-Stadtratsfraktion für Kurzpark-Zonen ähnlich der Kiss-and-Ride-Plätze am Flughafen plädiert.“

Doch selbst Gewerbetreibende in der Stadt sind nicht zwangsläufig pro Auto. „Wir finden die Idee der Bundes-FDP nicht gut und wollen, dass die ganze Innenstadt autofrei ist“, sagt zum Beispiel Marcus Schlich vom Essenslieferanten Knuspr, der im Tal ein Büro hat. „Das ist doch ein ziemlich anachronistischer Vorschlag, wenn weltweit fast alle Städte autofrei werden.“ Seine Kollegin Miriam Zwickl lacht: „Nur noch Knuspr-Wägen sollten reindürfen.“

Das Thema ist längst nicht ausdiskutiert. Noch nicht mal innerhalb der FDP. Die Münchner Liberalen schreiben: „Eine einseitige Politik für einen Verkehrsträger lehnen wir ab. Hier brauchen wir auch keine Nachhilfe vom Bund – der soll sich bitte um ein leistungsfähiges Autobahn- und Schienennetz kümmern.“ München-Chef Michael Ruoff meint: „In einer Großstadt wie München muss liberale Politik die Vielfalt der individuellen Mobilität aufnehmen und ermöglichen. Auto, Fahrrad, E-Scooter, U-Bahn, Bus und Trambahn sind alles legitime Verkehrsträger.“ Die hiesige FDP fordert stattdessen bedarfsgerechten Ausbau des ÖPNV und mehr „Pragmatismus beim Ausbau von Radwegen“. Ruoff betont: „Dass in der Zeppelinstraße wegen ein paar Zentimeter Radweg unverhältnismäßig viele Parkplätze wegfallen, wäre mit der FDP nicht zu machen gewesen.“

Laut Mobilitätsreferat existieren innerhalb des Altstadtrings derzeit 13 800 Parkplätze, über 10 000 davon in Parkhäusern. „Durch eine Verlagerung des Parkens vom öffentlichen Raum in die Parkgaragen könnte ein Drittel der Parkfläche für andere Nutzungen zur Verfügung stehen“, heißt es. Wären also etwa 1000 Parkplätze.

Diese Idee gehört zum Konzept „Altstadt für alle“. Es handelt sich um einen Langfrist-Plan, der möglichst vielen Menschen gerecht werden soll. Als Kernpunkte sieht er vor, Besucherparken in öffentliche Garagen zu verlagern und dort auch Raum für Anwohnerstellplätze zu schaffen. Die freien Plätze sollen in einem Parkleitsystem angezeigt werden. Für den Lieferverkehr und Handwerker sollen spezielle Parkmöglichkeiten ausgewiesen werden. Insgesamt sollen so mehr Grünflächen und Radwege entstehen. Für ältere und gehbehinderte Menschen werden Zonen geschaffen, um diese abzuholen und zu bringen. Dafür testet die Stadt seit Ende Juli elektrische Mikrobusse und Rikschas. Sie sollen Fahrgäste in der Altstadt ans Ziel bringen.
GABRIELE WINTER

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