Familie Heydenreich auf Fuerteventura. Da war der Umweg (Karte) noch weit weg.
Familie Heydenreich reiste mit ihren Surfbrettern. Das wurde dann später zum Problem. © Privat
Es waren nur fünf Minuten. Doch die reichten aus, um der Urlaubserholung von Klaus Heydenreich (52) und seiner Familie einen schweren Dämpfer zu verpassen. Weil das Flugzeug, in dem der Sportredakteur mit seiner Frau und seinen beiden Kindern auf dem Flug von Fuerteventura zurück nach München saß, knapp ins Nachtflugverbot gekommen wäre, musste der Pilot kurz vor München abdrehen – und nach Hannover fliegen. Für die Heydenreichs beginnt eine Odyssee.
Nach zwei Wochen Surfurlaub auf den Kanaren wollte die Familie vergangenen Samstag um 18.05 Uhr von Fuerteventura zurück nach München fliegen. Der Flug hatte Verspätung. „Um kurz nach 19 Uhr ging es dann los“, so Heydenreich. Kein Problem – dachte er. Welche Folgen die Verspätung noch haben sollte, konnte er da noch nicht ahnen. Etwa nach drei Viertel der Flugzeit habe sich der Pilot gemeldet: Man habe neue Berechnungen anstellen müssen. Wegen der Verspätung käme man „knappe fünf Minuten“ ins Nachtflugverbot. Bedeutet: Der Verordnung nach darf der Flughafen München zwischen 0 und 5 Uhr nicht angeflogen werden, um die Bevölkerung vor Lärm zu schützen. „Der Pilot hat durchgesagt, dass er auf eine Sondergenehmigung warte. Aber leider hat er die nicht erhalten.“ Ausnahmen von dieser Regel gibt es nur wenige, beispielsweise für Rettungsflüge sowie hoheitlichen Flugverkehr für Politiker, Polizei und Militär.
Für den minimal verspäteten Pechvogel der Heydenreichs ging es statt nach München nach Hannover; der Flughafen im Norden ist rund um die Uhr geöffnet. 1000 Kilometer Umweg – wenn man Hin- und Rückweg einbezieht. Und das wegen fünf Minuten! Für Heydenreich „lächerlich“, zumal es „massive Konsequenzen“ für hunderte Fluggäste habe. Die gute Nachricht: Das Hotel sei gebucht, weitere Infos folgten. Heydenreich war entspannt. Noch.
Ankunft um 0.30 Uhr in Hannover. Die Fluggesellschaft Tui habe die Passagiere eine Nacht im Maritim-Hotel untergebracht. „Das hat auch gut geklappt.“ Um 2 Uhr war die Familie auf ihrem Zimmer. Ihre Rückreise sollten die Fluggäste selbst organisieren – mit dem ICE. Die Kosten bekämen sie nachträglich erstattet. Schön und gut. Doch so einfach war es nicht, zumindest nicht für die Heydenreichs. Denn: „Wir hatten vier große Surfbretter dabei. Die konnten wir nicht in den ICE mitnehmen. Auch einen Mietwagen gibt es nicht in dieser Größe.“
Sonntagvormittag. Klaus Heydenreich hängt stundenlang am Telefon. „Ich habe bei drei verschiedenen Tui-Hotlines angerufen. Entweder ich habe niemanden erreicht oder wurde an andere Stellen verwiesen.“ Der Tui-Schalter am Flughafen sei verwaist gewesen. „Soweit wir herausgefunden haben, bietet Tui keine direkten Flüge von Hannover nach München an.“ Ratlosigkeit. Wie sollte die Familie mitsamt Surfbrettern zurück nach München kommen? Schriftlich teilt ein Sprecher der Fluggesellschaft mit, dass man als Pressestelle keinen Zugriff auf Kundendaten habe und daher keine Einzelfälle kommentiere. „Unsere Prozesse sind darauf ausgelegt, alle Kunden auch in Ausnahmesituationen transparent zu informieren und weiterzuhelfen.“
Die Familie recherchiert und stößt auf die Nummer eines Dienstleisters der Fluggesellschaft. „Hier haben wir endlich Hilfe erhalten. Der Mitarbeiter am Telefon war nett und kompetent. Nach längerer Diskussion werden unsere Bretter jetzt nach München geflogen – und wir reisen mit dem ICE.“ Geplante Ankunftszeit am Münchner Hauptbahnhof: 18.40 Uhr. Die Odyssee hat ein Ende. „Es kommt selten vor – aber heute freuen wir uns auf die Bahn.“
DANIELA POHL