MÜNCHNER FREIHEIT

Bedrohliche Flaschenflut

von Redaktion

Die Wertstoffinsel meines Herzens liegt am Ende der Straße. Ich besuche sie regelmäßig, werde Plastik, Metall und Altglas los und erinnere mich daran, was ich mit dem Inhalt all dieser Verpackungen erlebt habe. So kommtNostalgie in den Alltag:Andere schreiben Tagebuch, ich bringe meinen Müll weg. Die Romantik der leeren Tomatendosen wird allgemein arg unterschätzt.

Im August gab es allerdings ein Problem: Unser Altglascontainer wurde einfach nicht geleert. Das könnte daran liegen, dass aktuell eine Baustelle die Fahrbahn verengt. Womöglich ist kein Platz mehr für den klirrenden Lkw, der regelmäßig das Altglas abholt. Vielleicht aber sind auch nur zu viele Müllwerker im Sommerurlaub. Das ist ihr gutes Recht, bringt aber mein Viertel in Nöte. Irgendwann hat nämlich ein Nachbar eine erste leere Weinflasche vor den vollen Container gestellt. Und die Nachbarin des Nachbarn machte es ihm nach. Die Idee, das Altglas wieder nach Hause mitzunehmen oder es bei einem anderen Container zu versuchen, ist aber auch echt übertrieben krass. Darauf kommt nicht jeder.

Jedenfalls wuchert seitdem das Altglas den Bürgersteig zu, jeden Tag ein bisschen mehr. So langsam wird es eng. Wenn das so weitergeht, dann dürfte unsere Straße in ein, zwei Wochen nicht mehr passierbar sein. Pessimisten fürchten bereits, dass die Wiesn abgesagt werden muss – wegen der Flaschenflut aus dem Dreimühlenviertel. Man bedenke: Die Strecke vom Altglascontainer zum Wiesn-Eingang beträgt lediglich 1,2 Kilometer. Umgerechnet sind das auch nur ein paar gesellige Abende mit diesem sensationellen Pinot Grigio aus dem Urlaub.

Was tun? – Eine Münchner Antwort: Bier trinken! In der Regel gibt es das nämlich in Pfandflaschen. So könnte der Altglascontainer meines Herzens kurz durchschnaufen. Oder man zapft sich ein Glas Münchner Leitungswasser. Das wird nämlich noch mehr unterschätzt als die Romantik der leeren Tomatendosen. Alle reden immer vom ersten Cappuccino hinter dem Brenner. Das erste Glas Münchner Wasser nach der Rückkehr aus dem Urlaub schmeckt genauso sensationell. Und: Das Münchner Leitungswasser gibt es ohne Müll und ohne Pfand. Nur die Romantik muss man woanders suchen. redaktion@ovb.net

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