Philipp Geller hat keine Lust auf Staus und Schnickschnack.
Max Scheftschik ist viel mit dem Fahrrad unterwegs.
Für Jutta Sonten-Nehring ist Fahrradfahren Genuss und Leidenschaft, die Radwege findet sie aber oft zu schmal.
Daniela Frank nimmt ihren Sohn gerne im Radlanhänger mit. Beim Ausbau der Rad-Infrastruktur sieht sie Luft nach oben. © Oliver Bodmer (4)
Schnell, schneller, Radl-Highway – für Fußgänger stellt die Überquerung des Isarradl-Highways nicht selten eine gewaltige Mutprobe dar: Die Räder rasen vorbei, der geteerte Weg am Flaucher wird schnell zur Rennstrecke. Bei genauerem Hinschauen stellen wir allerdings fest: Unterschiedlicher können die Menschen und ihre Zweiräder kaum sein. Wir sind neugierig und wollen wissen, wann das Radl zum Einsatz kommt und wie viel Geld die Münchner fürs gute Gefährt hinblättern. Dazu haben wir uns wagemutig an den „Highway“ am Flaucher gestellt. Hier unser Bericht.
Daniela Frank nutzt ihr Fahrrad als Ersatz fürs Auto. Viele Wege gestalten sich für die Redakteurin mit dem Fahrrad einfacher. „Mein E-Bike kostet rund 2500 Euro und ist wegen der Verkehrslage und den Staus oft im Einsatz“, sagt sie. Besonders praktisch sei der gebraucht gekaufte Kinderanhänger, in dem gerade ihr Sohn schläft. Am Wochenende gibt es Ausflüge raus ins Grüne. Danielas bevorzugte Strecke führt durch den Forstenrieder Park. Ist sie zufrieden mit der selbsternannten „Radl-Hauptstadt München“?
Nein – gerade weil sie die Rad-Infrastruktur häufig nutzt. Auch wenn es innerhalb des Altstadtrings den neuen Radl-Ring gebe, seien die Strecken meist blockiert. „In der Früh parken Lieferwägen beinahe alle Radwege zu, da nutzt auch der beste Ausbau nichts.“ Die 41-Jährige fordert nachdrücklich mehr Platz für Räder, gerne auch zulasten von Autos und Parkplätzen.
Für Max Scheftschik ist sein Radl in erster Linie ein pragmatisches Verkehrs- und Transportmittel. „Ich wohne sehr zentral, da erreicht man so vieles am schnellsten.“ Größere Touren unternimmt er eher selten, aber wenn, dann am liebsten an den Starnberger See. Der 36-jährige Münchner fährt ein nobles Gravel Bike für rund 4000 Euro. Für eventuelle Reparaturen ist er bereit, etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Seine Schmerzgrenze liegt bei etwa 1000 Euro.
Für ihn hat sich die Situation der Fahrradfahrer in den vergangenen Jahren in München enorm verbessert. „Besonders im Bereich des Altstadtrings hat sich die Stadt viel Mühe gegeben, uns Radlern gerecht zu werden.“ Trotzdem bemängelt Max Scheftschik den stockenden Ausbau vieler Radwege. Hier wünscht sich der Finanzberater mehr Tempo.
Für Jutta Sonten-Nehring ist das Fahrradfahren Genuss und Leidenschaft. Sie fährt liebend gerne auf ihrem weißen E-Bike an der Isar entlang durchs sommerliche München. „So sehe ich viel mehr, als wenn ich zu Fuß unterwegs bin. Radeln ist einfach entspannend“, sagt die 71-Jährige lächelnd. So sehr sie ihre Touren genießt: Sie sieht auch jede Menge Verbesserungspotenzial. „Die Radwege sind stellenweise zu schmal gebaut, die neuen können ruhig breiter werden.“ Die Vorfahrtsregeln empfinde die Rentnerin dabei teilweise als gefährlich. Die könnte man stadteinwärts zugunsten der Sicherheit für Radler ändern.
Seit zehn Jahren fährt die Seniorin E-Bike. Ihr Modell hat 3400 Euro gekostet und ist zudem versichert. Für eine Reparatur würde die Münchnerin höchstens 400 Euro ausgeben. Einige ihrer beliebten Ausflugsziele sind der Starnberger See, eine Tour durch den Englischen Garten oder die idyllische Würm entlang.
Philip Geller radelt zwar gerne, aber er ist auch pragmatisch: „Ich habe keine Lust auf Staus oder das Verkehrschaos in der Stadt“, sagt uns der 58-jährige Messebauer aus Obergiesing. Zu seinem Arbeitsort, dem Messegelände in Riem, fährt er ausschließlich mit seinem Fahrrad. Er braucht keinen Schnickschnack: „Das Radl ist ein Fortbewegungsmittel und muss mich zuverlässig von A nach B bringen“, sagt er – was sein acht Jahre altes Gefährt tut.
200 Euro gab Geller kürzlich für die Reparatur des Antriebs aus, aber jetzt sei er „wunschlos glücklich“. Die Infrastruktur findet er in der Stadt ganz in Ordnung, aber es müsse noch mehr passieren für die Verkehrswende. „Da ist noch Luft nach oben.“ Die Luft bleibt ihm aber bei manchen rücksichtslosen Zweirad-Kollegen weg. „Das Miteinander geht extrem zurück, das merkt man gerade auch im Straßenverkehr.“
CHARLOTTE FORST
UND JULIA MOACA