Das Elementum gehört zu den Großbaustellen (l.). Viel zu tun gibt es für die Polizei stets im Alten Botanischen Garten.
Kennen das Viertel gut: Accumulata-Chef Stefan Schillinger (li.) und Blumenhändler Ahmet Elbasi.
Kritisieren zunehmende Bürokratie: Kathrin Wickenhäuser-Egger und Alexander Egger von der Münchner Stubn.
Ludwig Reinbold betreibt das Hotel Drei Löwen in der Schillerstraße und bekommt viel Elend mit.
Das Bahnhofsviertel hat derzeit mit vielen Problemen zu kämpfen. © Jens Hartmann (5), Marcus Schlaf, Leonie Lorenz
Unzählige Baustellen, zwei Benko-Bauruinen, der Alte Botanische Garten ein Drogensumpf – und die Verwahrlosung wächst an allen Ecken und Enden. Angesichts der Vielzahl an Problemen rufen der Verein Südliches Bahnhofsviertel und die Initiative „blue eye“ ein Motto aus: „Weniger reden, mehr handeln“. Ziel: Lösungen finden.
Fragt man etwa die Nachbarn in der Goethestraße, dann wird schnell klar: Sie tun sich nicht leicht, die Dinge beim Namen zu nennen. Wie die Betreiberin der Apotheke, die jeden Tag das gleiche Problem hat. Vor ihrem Geschäft treffen sich junge Männer, die neu im Land sind, keine Beschäftigung haben und sich mit Alkohol die Zeit vertreiben. „Die wissen nicht, wohin“, sagt sie ratlos.
Dass es hier auf der Straße kaum noch Einheimische gibt, stellt auch der Blumenhändler von nebenan fest. Ahmet Elbasi betreibt seinen Laden an der Ecke zum Bahnhof seit mehr als 20 Jahren. Die Münchner, die hier vorbeikommen, machen vielleicht ein Prozent aus. „Und das sind meine Kunden.“ Grundsätzlich habe sich die Stimmung geändert. Das Gefühl, hier sicher zu sein, auch.
„Es wird gefühlt immer schlimmer“, sagt Kathrin Wickenhäuser. Die Wirtin der Münchner Stubn schaut jeden Tag, dass ihre Gäste nicht belästigt werden. Etwa von den vielen Bettlern. Aktuell müssen die Gäste nicht nur auf große gelbe Bauzäune schauen, sondern auch das Getöse auf der Endlos-Bahnhofsbaustelle ertragen. Was die Unternehmerin ärgert, ist das mangelhafte Miteinander. Bei der Deutschen Bahn wechselten ständig die Ansprechpartner, Infos seien Mangelware. Von der Stadt gebe es hingegen sehr viele Briefe, in denen es um Abstandsflächen, Zentimeter-Beanstandungen und Blumenkübel-Probleme in den Freischrankflächen gehe. „Kann man nicht mehr miteinander reden?“, fragt Wickenhäuser.
Die Münchner Stubn ist eines der wenigen bürgerlichen Lokale, das Besucher in München noch am Bahnhof willkommen heißt. Wer heute mit dem Zug ankommt, findet sich erst einmal im Baustellen-Chaos wieder. Drumherum: noch mehr Baustellen, etwa an der Schillerstraße.
Dort kämpft eine andere Gastronomie-Familie mit den Tücken des Viertels. Das Hotel Drei Löwen gehört seit Jahrzehnten den Reinbolds vom Löwenbräukeller. Eigentümer Ludwig Reinbold sieht ein ganzes Paket an Schwierigkeiten. „Insbesondere das Sicherheitsgefühl vieler Reisender verschlechtert sich.“ Frauen würden auf der Straße belästigt, es gebe immer mehr Obdachlose. Immer wieder müssten seine Mitarbeiter den Notarzt rufen, weil jemand bewusstlos auf dem Bürgersteig liege. Wer früh Morgens durchs Viertel geht, sieht das ganze Ausmaß.
„Wir beobachten mit Sorge die Verwahrlosungstendenzen im Bereich des Alten Botanischen Gartens“, sagt auch Stefan Schillinger. Er ist einer der Geschäftsführer des Immobilien-Entwicklers Accumulata (Elementum, The Stack) und Initiator von „blue eye“. Für ihn ist entscheidend, „dass alle Akteure weiterhin gut zusammenarbeiten, um die Aufenthaltsqualität“ zu steigern. Der Austausch am Montag ist ein wichtiger Schritt dahin.