Nein, also das geht mir jetzt doch deutlich zu schnell. Am Sonntag noch in der Badehose und nur vier Tage später in der Daunenjacke – das ist nicht Klimawandel, das ist Chaos. Im Supermarkt ist zwar mit Spekulatius und Lebkuchen bereits der Winter eingezogen, aber wer hat denn mit Ferienende einfach den Sommerschalter ausgeknipst? Was soll denn dieser Jahreszeitenwechsel im Schnelldurchlauf? Seit wann darf denn so ein Thermometer einfach machen, was es will? Mit einem Schlag sind die kurzen Hosen unpopulär, dafür die Handwärmer wieder in. Wird aus Dauerlüften plötzlich Stoßlüften.
Aber für die elementaren Fragen nach Jeansjacke oder Wintermantel, nach Sandale oder Stiefel, nach T-Shirt oder Rolli habe ich einfach noch gar keinen Kopf. Fühlt sich auch alles etwas eingeengt an nach der luftigen Flatterkleid-Saison. Der Herbst ist sowieso diese Jahreszeit, in der irgendwie nichts Halbes und nichts Ganzes im Kleiderschrank hängt. Was soll man tragen, wenn es für das Sweatshirt in der Früh schon zu frisch ist, man aber in der dicken Daunenjacke tagsüber regelrecht im eigenen Saft schmort? Es fühlt sich an, wie ein Spagat aus kurzen Hosen mit Wollmütze. Der zudem noch einigermaßen stilvoll aussehen sollte.
Dabei gewinnt jetzt ein sehr deutsches Kleidungsstück wieder an Bedeutung: die Übergangsjacke. Hierzulande ein wichtiges Teil jeder Garderobe, im Ausland ziemlich unbekannt. Wo andere Nationen sich mit ihren Klamotten häuten wie eine Zwiebel, holt der Deutsche pragmatisch sein Extrajackerl aus dem Schrank. Ein Kleidungsstück, das speziell geschaffen wurde für diese Wochen der Transformation. Zweimal jährlich erhält es seine Existenzberechtigung: im Frühjahr und im Herbst. Vor einigen Jahren hat es mal große Konkurrenz bekommen – durch die Funktionsjacke. Wasserabweisend und atmungsaktiv. Das ist unangefochten praktisch. Besser kann man in den Übergangszeiten wirklich nicht vorbereitet sein. Aber bitte nicht schon jetzt!
Soll ich die Hoffnung auf einen goldenen Oktober, auf einen herrlichen Altweibersommer wirklich so schnell aufgeben? Akzeptieren, dass das Jahr nun seine Einschlafphase startet? Mit der Steigerung Volkstrauertag – Totensonntag – Weihnachtsmarkt. Nicht mit mir! Hallo, ich will den Sommer wieder zurück. Wenigstens für 14 Tage. Sie wissen schon, welche ich meine. Es muss ja auch nicht plötzlich wieder 30 Grad heiß werden. Nicht, dass ich dann in Wollstrümpfen, festem Schuhwerk und Übergangsjacke auf der Wiesn sitze. Mir wird’s dabei echt nicht flauschig ums Herz, ich fühle mich eher wie ein Grillhendl. Dann wäre endgültig Schluss mit den positiven Vibes. Doch die Aussichten sind trübe. Herbstblues – ich komme! Melancholie ist angeblich Kopfsache, aber ohne Dominosteine könnte man das so gar nicht ertragen. Dabei schauen mich die Kastanienmännchen und die Kürbisgesichter ziemlich mitleidig an.
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