Auf die Plätze, fertig, Tisch!

von Redaktion

Wiesn-Report: So sichern sich Besucher die begehrten Bänke

Nach stundenlangem Warten geht‘s los: Die Besucher stürmen das Festgelände in Richtung der Zelte.

Glücksgefühle im Hofbräu-Zelt: Kevin Parrish (r.), Benjamin und ihre Freunde besetzen ihren Tisch. © Yannick Thedens, dpa

Es sind Sekunden, die die Welt bedeuten. Es gibt nur einige wenige Tische, die am ersten Wiesntag nicht reserviert sind – aber tausende Feierwillige wollen einen Platz ergattern. Genau wie Kevin Parrish und seine neun Freunde. Die Studenten sind extra aus den USA angereist, einmal um die halbe Welt nach München geflogen. Einmal wollen sie auf dem weltberühmten Oktoberfest feiern – stilecht in Lederhosn, versteht sich. Und original-bayerisches Bier aus einem Mass-Krug trinken – ein „big big beer“. Ihr Ziel: das Hofbräu-Zelt, eine Legende, selbst in den USA.

Und für diesen Plan nehmen die Burschen am frühen Samstagmorgen so einiges in Kauf. Um halb sechs Uhr stellen sie sich in die Schlange vor dem Festgelände – und halten sich mit ein paar Stamperl Jägermeister bei Laune. Um Punkt 9 Uhr ist es dann soweit. Die Sicherheitskräfte öffnen die Absperrungen – und der große Wettlauf gegen die Zeit beginnt. Kevin Parrish, ein Leichtathlet an seiner Universität in Ohio, setzt zum Sprint an.

Das Hofbräu-Emblem zeigt ihm den Weg. Das königsblaue Zeichen mit dem Schriftzug kennt er aus dem Fernsehen. Um 9.02 Uhr entert er die Festhalle, reißt seine Hände in die Luft und jubelt laut: „Erster! Es ist einfach großartig!“ Dann setzt er zum Sprung an und hüpft über eines der Holzgeländer, das die Tischgruppen von den Gängen der Kellner trennt. 9.03 Uhr: Dieser Tisch gehört ihm. Ein Logenplatz, denn der steht direkt an der Bühne. Der Plan ist aufgegangen.

„Wahnsinn, es ist noch besser, als man es sich vorstellt“, ruft Parrish. Er schaut hinauf zum Zelthimmel, da baumelt der Aloisius. Halleluja! Nach und nach kommen auch seine Kumpel an. Um 9.10 Uhr sitzen alle zusammen am Tisch, bestellen sich Brezn zum Frühstück. Die freien Tische im Mittelschiff sind jetzt allesamt belegt. Die Menge grölt.

Auf ihr großes Bier müssen alle noch knapp drei Stunden warten. Egal. Das Gefühl stimmt. „Wir sind bestens vorbereitet“, erzählt Parrish‘ Freund Benjamin. „Jeder von uns hat 300 Euro einstecken und will das Geld hier auch auf den Kopf hauen.“ Daheim in den USA darf der 20-Jährige laut Gesetz noch keinen Alkohol bestellen. Hier in Bayern schon. Und das ist mit 14,95 Euro pro Liter sogar viel günstiger als in Chicago.

Zwei Nächte verbringen die Burschen in München und einen ganzen Tag auf der Wiesn. Am Freitag haben sie ihre Lederhosn bei „Bavarian Outfitters“ geliehen. „Für zwei Tage kostet das 80 Euro“, sagt Parrish. „Und wir schauen aus wie echte Bayern.“ Es wird ein unvergesslicher Tag. Heute bedeutet die Wiesn ihnen die Welt.
CORNELIA SCHRAMM

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