Die Bus-Tortur

von Redaktion

Zu wenig Fahrzeuge, zu weite Wege: Transport von Schülern mit Förderbedarf hakt im gesamten Stadtgebiet

Stundenlang unterwegs: Louisa (8) muss jeden Tag lange im Schulbus sitzen. © Martin Hangen

Die Schule hat vor zweieinhalb Wochen wieder angefangen – und bei Mama Miriam Böhnke liegen schon jetzt die Nerven blank. Dabei geht es nicht um Noten – sondern um den Schulweg. Der Schulbus ihrer Tochter Louisa (8) hatte bereits zum zweiten Mal massiv Verspätung: Statt der veranschlagten Fahrtdauer von etwa 45 Minuten brauchte der Bus über zwei Stunden. „Ich war krank vor Sorge!“, sagt die Elternbeiratsvorsitzende.

Louisa besucht die zweite Klasse des Sonderpädagogischen Förderzentrums SFZ München Nord-West. Die Schule befand sich bis vergangenes Schuljahr an der Rothwiesenstraße in Feldmoching. Doch weil sie abgerissen und neu gebaut wird, wird die Bildungsstätte für fünf Jahre ausgelagert – nach Freimann in die Friederike-Nadig-Allee nahe der Bayern-Kaserne. Vom neuen Schulstandort nach Allach, wo die Familie wohnt, sind es rund 15 Kilometer.

Die Beförderung ist so geregelt, dass die Kinder der ersten und zweiten Klassen mit Reisebussen geholt und gebracht werden. „Louisa muss schon um 6.49 Uhr an der Haltestelle sein.“ Die älteren Schüler müssen mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren. „Der öffentliche Weg zum neuen Standort ist mit mehrfachem Umsteigen und extrem langen Wegen verbunden. Bei manchen Kindern bis zu eineinhalb Stunden einfach, und das schon im Grundschulbereich. Es sind besondere Kinder, Kinder mit Pflegegrad, Autismus, ADHS, ADS. Diese langen Wege sind unzumutbar“, klagt Böhnke.

Kein Einzelfall: Beim Bustransport von Kindern mit besonderem Förderbedarf hake es zum Schulbeginn stadtweit. Das kritisiert der gemeinsame Elternbeirat für die Förderzentren der Landeshauptstadt. „Dieses Jahr ist eine besonders gravierende, noch nicht da gewesene Situation eingetreten. Für einen erheblichen Teil der Förderkinder in München fehlt der Transport zur Schule, und auch nach Schulschluss fehlen Busse, die die Kinder nach Hause beziehungsweise in die Heilpädagogischen Tagesstätten bringen. Ein Grund hierfür scheint zu sein, dass die für den Transport notwendigen Buslinien nicht ausgeschrieben wurden“, so der Elternbeirat.

Zuständig für die Organisation der Schulbusbeförderung sind das städtische Referat für Bildung und Sport (RBS) und die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG). Laut einer RBS-Sprecherin meldet das RBS den Bedarf „beförderungsberechtigter“ Schüler und Schülerinnen an die MVG, die Ausschreibung der Linien liege bei der MVG. Diese teilt mit, dass die Leistung für die Schülerbeförderung ab dem neuen Schuljahr von der MVG „leider nicht vollständig vergeben werden“ hätte können. Laut RBS meldete die MVG Mitte August „die fehlende Beförderung von 520 Schülerinnen und Schülern“. Nach eigenem Bekunden hat das RBS bereits nachgebessert: „Im Verlauf der ersten Schulwoche konnten Lösungen für insgesamt circa 420 Schülerinnen und Schüler aus sonderpädagogischen Förderzentren und Grundschulen gefunden werden.“ Man bemühe sich, jetzt schnell Lösungen für die noch verbliebenen Schüler zu finden.

Der Elternbeirat fordert indes schnelle Abhilfe durch Taxis in der Übergangszeit. Die Schule und die Heilpädagogischen Tagesstätten seien oft die einzige Möglichkeit der Teilhabe, heißt es in der Pressemitteilung. Eltern seien nervlich am Ende. „Sie können keine weitere Belastung mehr tagen!“
DANIELA POHL

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