Vom Prozess gezeichnet: Im Oktober 2022 wurde Alfons Schuhbeck zu drei Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt. © CHRISTOF STACHE/afp
Corona-Abzocke, Betrug, Insolvenzverschleppung und Veruntreuung: Die neuen Vorwürfe, die die Staatsanwaltschaft München I geben Alfons Schuhbeck erhebt, sind ein Schock. Denn die massiven Anschuldigungen übertreffen in ihrem Ausmaß das, was bisher über die monatelangen Ermittlungen bekannt war. Dem Starkoch und einstigen Münchner Platzl-Hirsch, der schon wegen der Hinterziehung von 2,3 Millionen Euro an Steuern im Knast sitzt, soll erneut der Prozess gemacht werden. Die Anklageschrift gegen ihn umfasst 124 Seiten.
Dass in dieser Richtung ermittelt wird, hatte unsere Zeitung bereits exklusiv Ende Juni berichtet. Konkret geht es in der Anklage nun um den Verdacht der Insolvenzverschleppung in neun Fällen, des Betruges in vier Fällen, des versuchten Betruges in fünf Fällen, des Subventionsbetruges in neunzehn Fällen und des Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 479 Fällen. Letzterer Punkt ist neu und betrifft Gelder, die Schuhbeck als Geschäftsführer für seine Angestellten an Krankenkassen abführen musste. Das sei nicht korrekt geschehen: „Er führte in 212 Fällen rund 260000 Euro nicht und in 267 Fällen rund 700000 Euro nicht fristgerecht an die gesetzlichen Krankenkassen ab“, sagt Oberstaatsanwältin Anne Leiding.
Damit nicht genug: Weitere 460000 Euro an Corona-Hilfen und anderen Subventionen soll der TV-Koch abgezockt und damit die öffentliche Hand erheblich geschädigt haben. Während der Pandemie soll er für diverse Firmen in seinem Unternehmensgeflecht Anträge gestellt haben. „Er machte dabei wissentlich falsche Angaben, um für die von ihm vertretenen Gesellschaften nicht gerechtfertigte Subventionen großen Ausmaßes zu erlangen“, sagt Leiding. Bereits 2017 waren erste von Schuhbecks Firmen in die Zahlungsunfähigkeit gerutscht. Der Vorwurf: „Für neun dieser von ihm vertretenen Unternehmen stellte der Angeschuldigte die erforderlichen Insolvenzanträge nicht oder nicht rechtzeitig.“
Ob all diese Vorwürfe zutreffen, muss nun ein weiterer möglicher Schuhbeck-Prozess zeigen. Die neuen Ermittlungen hatten zuletzt schon dazu geführt, dass Hafterleichterungen zurückgenommen wurden. Anfang des Jahres war der Promi-Koch, der drei Jahre und zwei Monate einsitzen muss, von der JVA Landsberg in die Außenstelle Rothenfeld verlegt worden. Die Anstalt durfte Schuhbeck zuletzt zweimal pro Monat im offenen Vollzug verlassen. Dass diese Erleichterung wegfällt, hat ihn hart getroffen – bestätigt Anwalt Nicolas Stieger. Während er Schuhbeck in Sachen Haft begleitet, steht Rechtsanwalt Norbert Scharf dem Koch im Hinblick auf die neuen Vorwürfe zur Seite. Er sagte gestern: „Herr Schuhbeck wird sich gegen die Anklagevorwürfe verteidigen. Zur Sache hat er sich bislang nicht geäußert.“
Wie heftig könnte es für Schuhbeck werden? „Bewahrheiten sich die neuen Tatvorwürfe, wird es im Falle einer weiteren Verurteilung zu einer nachträglichen Gesamtstrafe kommen“, erklärte der Münchner Strafverteidiger Alexander Stevens im Vorfeld. Wie lange Schuhbeck hinter Gitter bleiben müsste, müsste sich zeigen. Allein auf Insolvenzverschleppung stehen bis zu drei Jahre Haft. Subventionsbetrug kann in schweren Fällen mit bis zu zehn Jahren Haft geahndet werden.
NADJA HOFFMANN