Drei Wurst-Michl-Generationen: Stefanie Kerscher (l.) mit Lena (r.) und Mutter Manuela Weitner. © marcus schlaf
Elfriede Jelinek bietet an ihrem Stand Wäsche in Übergrößen an und feiert 50-jähriges Dult-Jubiläum. © privat (2)
Die letzten Vorbereitungen laufen: Trachten-Verkäufer Peter Seeböck bereitet seine Hütte auf den Start der Kirchweih-Dult an diesem Samstag vor. © Markus Götzfried
Beim Wurst Michl hängen alte Bilder: Auf einem Schwarz-Weiß-Foto ist eine Holzbude zu sehen. Im Angebot sind Brot, Wurst, Backwaren und Getränke, ein Mann im Sakko blickt stolz in die Kamera. Es ist der Beginn einer langen Dult-Geschichte: Im Jahr 1948 gründeten Michael Sterner und seine Frau Hildegard einen Imbiss an der Münchner Sonnenstraße – und vor 75 Jahren war der Wurst Michl zum ersten Mal auf der Auer Dult. Heute führen seine Enkelin Manuela Weitner und seine Urenkelin Stefanie Kerscher den Stand – und mit Ururenkelin Lena (18) hilft die fünfte Generation schon mit.
Rund 250 Marktleute und Schausteller bieten ab heute bei der Kirchweihdult wieder am Mariahilfplatz ihre Waren an, viele sind seit Jahrzehnten dabei. „Die Atmosphäre an der Dult ist mit nichts zu vergleichen“, findet Manuela Weitner (65). Sie erinnert sich gerne an ihre Kindheit dort: „Es war etwas Besonderes, wenn ich Kokosnuss-Schnitzer vom Obststand bekommen habe.“ Ihr Bruder ist sogar fast auf der Dult zur Welt gekommen. „Meine Mama war hochschwanger dort“, erzählt sie. „Ein Lieferant hat sie in die Klinik gefahren.“ Beim Wurst Michl wird Tradition gepflegt: „Unsere Appetit-Semmel hat meine Uroma in den 50er-Jahren erfunden“, sagt Stefanie Kerscher (43). „Es ist eine Kombination aus einer Fisch- und einer Lachssemmel.“ Dazu kommen Ei, Kaviar, Gurke und Paprika. Ein weiterer Klassiker: Stockwürste. „Eine alte Münchner Spezialität, die man fast nirgends mehr bekommt“, so Kerscher. Die Würste ähneln den Weißwürsten, sind aber würziger und hauptsächlich aus Schweinefleisch. Dazu kommen neue Gerichte wie Schnitzel, Bratwürste und vegane Lachssemmeln.
„Man muss mit der Zeit gehen“, betont auch Elfriede Jelinek. Sie feiert am Samstag ihren 70. Geburtstag – und ihr 50. Auer-Dult-Jubiläum. „Ich war selbst überrascht, wie schnell die Zeit vergangen ist“, sagt sie. An ihrem Stand dreht sich alles um Dessous, BHs, Bikinis und Miederwaren. Was ihr besonders wichtig ist: „Bei mir kriegt man Sachen, die es sonst nirgendwo gibt, zum Beispiel Übergrößen.“ Ihr Vater hatte in Zwiesel einen Wäscheladen, sie führte viele Jahre lang in Deggendorf ein Dessous-Geschäft. Die Auer Dulten waren immer feste Termine in ihrem Kalender. „Es ist gemütlich hier und viele Leute kommen jedes Jahr“, erzählt sie. „Ich mag es, ihre Geschichten zu hören.“ Im Laufe der Zeit hätte sich einiges verändert. „Die Dult ist jünger geworden. Früher gab es noch mehr zum Einkaufen, heute gibt es mehr zum Vergnügen.“ Eines aber ist geblieben. „Die Dult macht einfach Spaß.“
Oder, wie Peter Seeböck, bekannt als „Tracht’n-Bäda“, sagt: „Die Dult ist für mich Herz.“ Als kleiner Bub hat er dort beim Billigen Jakob zugehört, während seine Mutter beim Einkaufen war. „Schon damals war es ein besonderes Flair“, sagt er. Seit 25 Jahren verkauft er Trachten auf der Dult. 50 Lederhosen, 200 Hemden und 700 Dirndl hat er in seiner Hütte parat. „Leoparden-Dirndl, pinke Lederhosen und extrem kurze Dirndl gibt es bei mir aber nicht“, erklärt er. „Zu viel Schickimicki ist nicht meins.“ Als Profi beobachtet er natürlich, was die Dult-Besucher tragen. „Die Tracht ist viel besser geworden.“ Und noch etwas fällt ihm auf: „Hier freuen sich die Leute ein bisschen mehr als woanders.“
CLAUDIA SCHURI