Ludwig Fresenius ist Ehrenpräsident der privaten Hochschule Fresenius. © Yannick Thedens
Ludwig Fresenius hat die Universitätsbank gedrückt, als es noch Tafeln und Kreide gab. „Heute spielt das Thema Digitalisierung eine Riesenrolle“, sagt der Gesellschafter und Ehrenpräsident der staatlich anerkannten privaten Hochschule Fresenius mit bundesweit neun Standorten. Er sagt: „Wir leben in einer völlig neuen Welt.“ Eine Welt, die Fresenius nicht scheut. Er ist 81 Jahre alt. Und ein Vordenker.
Für den umtriebigen Unternehmer sind Wissenschaft und Wirtschaft keine Gegensätze, „sondern zwei Seiten einer Medaille“. Sein Metier ist die Chemie, sein Ururgroßvater, Bildungspionier Carl Remigius Fresenius, legte 1848 mit seinem chemischen Labor den Grundstein für ein bundesweites Bildungsnetzwerk. An über 60 Standorten der Carl Remigius Fresenius Education Group lernen insgesamt rund 40 000 Studierende und Schüler für unterschiedliche akademische und Berufsfachabschlüsse in vielen Bereichen wie Gesundheit, Soziales, Life Sciences, Wirtschaft und Medien. Die Hochschule Fresenius und die Ludwig Fresenius Schulen sind Teil der Gruppe, ebenso wie die Akademie Mode & Design (AMD), die sich in München an der Infanteriestraße befindet.
„Das Bildungssystem steht an der Schwelle zur digitalen Revolution“, sagt Fresenius. Bildungshürden fielen weg, Wissen könne weltweit zugänglich gemacht werden. Aber: Erlernte Fähigkeiten und Kenntnisse, die in einer Ausbildung erworben wurden, reichten nicht mehr für ein Berufsleben. Seine Devise: lebenslanges Lernen. Fresenius: „Wir müssen uns vom Ausbildungsunternehmen zum Bildungsunternehmen entwickeln, weg von der reinen Wissensvermittlung, hin zur Kompetenzvermittlung.“
Wandert die Bildung ins Internet ab? Fresenius glaubt das nicht, auch wenn die berufliche Heimat vieler Arbeitnehmer nicht mehr physischer Natur sei. Aus Sicht des Vordenkers birgt die digitale Revolution große Chancen, Stichworte Künstliche Intelligenz, Virtual Reality. „Was heutzutage möglich ist über Digitalisierung, eröffnet uns auch den Zugang zu Bildung und Kooperationen im Ausland.“ Die internationale Perspektive sei wichtig, ebenso wie Zuwanderung. „Der deutsche Markt stagniert. Wir bekommen auch Anfragen von Fachkräften aus dem Ausland, die sich hier für Gesundheitsberufe und weitere Branchen qualifizieren wollen.“
Auch die Akademisierung in den Pflegeberufen schreite voran. „Wir sind historisch breit aufgestellt. Uns ist wichtig, dass wir für alle Menschen der Gesellschaft etwas anbieten können, und das ist auch wichtig angesichts des Fachkräftemangels.“ Durch die akademische Professionalisierung würden Gesundheitsberufe in ihrer Attraktivität gesteigert und andere Berufe entlastet. „Bildungsunternehmen müssen auf gesellschaftliche und wirtschaftliche Bedarfe flexibel und kreativ reagieren. Dass uns das gelungen ist und immer wieder gelingt, macht mich stolz.“
DANIELA POHL