Der Krankenstand ist derzeit höher als zu der Jahreszeit üblich. Arbeitgeber vermuten, dass auch missbräuchliche telefonische Krankschreibungen damit zu tun haben. © Christin Klose, dpa
München – Die Bayern waren zuletzt häufiger, aber kürzer krankgeschrieben als üblich. Auf 100 Beschäftigte kamen nach einer Auswertung der Krankenkasse DAK 40 Krankschreibungen, was fast zehn Prozent mehr sind als im Vorjahreszeitraum.
Über die Gründe für die Zunahme hat die Kasse keine genauen Erkenntnisse. Die Arbeitgeber haben aber den Verdacht, dass auch die Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung dazu beigetragen hat. Das Bundesfinanzministerium hatte gefordert, diese Regelung wieder abzuschaffen. Von Arbeitgeberseite kommt Zustimmung: „Diese Möglichkeit war zu Corona-Zeiten aus Gründen des Infektionsschutzes richtig und wichtig“, erklärte die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) gestern.. Dass diese Sonderregelung verstetigt wurde, sei nicht nachvollziehbar. „Zur Vermeidung von Missbrauch ist nach unserer Auffassung eine ordnungsgemäß festgestellte Arbeitsunfähigkeit auf Grundlage einer persönlichen ärztlichen Untersuchung unabdingbar“, fordert vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt.
Der Hausärzteverband verteidigt die telefonische Krankschreibung gegen Kritik von Arbeitgeberseite. „Die Einführung der Telefon-AU war aus medizinischer Sicht sinnvoll und ist bisher eine der ganz wenigen erfolgreichen politischen Maßnahmen zur Entbürokratisierung des Gesundheitswesens“, sagte die Co-Vorsitzende des Verbandes, Nicola Buhlinger-Göpfarth, der „Rheinischen Post“.
Dies jetzt abzuschaffen, gefährde die Patientenversorgung in den kommenden Monaten mit zahlreichen Infektionserkrankungen. „Unsere Praxen haben definitiv nicht die Kapazitäten, die Folgen irgendwelcher Scheinlösungen einzelner Politiker auszubaden“, sagte die Medizinerin. „Die Unterstellungen, dass sich die Menschen mithilfe der Telefon-AU einen schlanken Fuß machen, können wir aus unserer täglichen Arbeit nicht bestätigen.“
Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte unlängst gesagt: „Man wird für die Krankmeldung zukünftig wieder zum Arzt gehen müssen und das nicht einfach nur telefonisch erledigen können.“ Er wolle niemandem vorwerfen, die Regelung auszunutzen. Es gebe aber leider „eine Korrelation zwischen dem jährlichen Krankenstand in Deutschland und der Einführung der Maßnahme, die als guter Bürokratieabbau gedacht war“.
Die Möglichkeit, sich per Telefon krankschreiben zu lassen, war in der Corona-Pandemie wegen des hohen Krankenstands eingeführt worden.
DPA