Heidi Fruhstorfer dokumentierte den Fortschritt.
Auch ein „Ramadama“: Der Müll in der Isar wird bei diesem Einsatz von Freiwilligen beseitigt.
Der damalige Münchner Bürgermeister Thomas Wimmer griff am 29. Oktober 1949 auch selbst zur Schaufel.
Ein Trümmerfeld: München nach dem Krieg. © Stadtarchiv Rudi Dix, Thomas Wimmer, Reinhard Kurzendörfer, Astrid Schmidhuber
Genau 75 Jahre ist es her, dass damalige Münchner Oberbürgermeister Thomas Wimmer mit der Parole „Rama dama“ (Wir räumen auf) zum Wiederaufbau der zerstörten Stadt aufrief. 7500 Freiwillige folgten dem Aufruf. Einer derjenigen, die damals 1949 in die Hände gespuckt haben, war der Vater von Heidi Fruhstorfer. Otto Wahl war Schreiner und floh 1945, nachdem er aus russischer Kriegsgefangenschaft entlassen worden war, aus Anhalt in den Westen. „Mein Vater hatte als Schreiner ziemlich gute Referenzen, denn er hatte fürs Dessauer Bauhaus gearbeitet. Als er am Münchner Bahnhof ankam, stand da ein Mann mit einem Schild: Schreiner gesucht.“ Am nächsten Tag konnte er anfangen und baute zunächst in Sendling Fenster ein. Beim Schreinermeister konnte er auch eine Kammer beziehen.
Heidi Fruhstorfer kam zwei Jahre später als Fünfjährige nach München und erinnert sich an die vielen Trümmer überall. Ihr Vater hatte viel zu tun. „Aber damals hat jeder mitgeholfen.“ Vieles davon hat sie mit der Kamera dokumentiert, denn bereits als 12-Jährige bekam sie ihren ersten Fotoapparat. „Mein Vater hat uns immer rumgeschleift und wir mussten alles anschauen.“ Vor allem an den Wiederaufbau der Alten Pinakothek erinnert sie sich noch gut: „In den unverputzten Mauern sieht man zum Teil noch die Wunden der Zerstörung.“ Einer der größten Aufträge des Schreiners war später der Innenausbau des Kaufhauses Beck. Fruhstorfer weiß noch genau, dass zur Eröffnung die ganze Familie eingeladen war. „Plötzlich wisperten alle um mich herum, dass da die berühmte Schauspielerin Liesl Karlstadt stehe. Da dachte ich mir: Das kann doch keine Schauspielerin sein, die sieht ja aus wie meine Mutter.“
1949 zog die Familie von Sendling in die Maxvorstadt: „Im Bennoviertel habe ich dann gesehen, wie ein Haus nach dem anderen hochgezogen wurde. Wenn man sich anschaut, wie lange das heutzutage dauert, kann man sich nur wundern.“ Ein Wunder auch, dass es München überhaupt noch gibt: „Schon in den ersten Monaten nach dem Krieg hat der damalige Stadtrat unter Bürgermeister Scharnagl überlegt, München abzureißen und bei Starnberg wieder aufzubauen.“
Zum Glück kam es anders. „Schon bei der 800-Jahr-Feier der Stadt 1958 waren die Kulturbauten relativ originalgetreu wieder aufgebaut und die meisten Wohnungen standen auch.“
GABRIELE WINTER