Anwältin Renate Maltry ist Expertin für Familienrecht.
Nach der Hochzeit können Paare Regeln für eine Trennung per Vertrag festhalten. © Prautsch/dpa, Maltry
Die gute Nachricht vorab: Die Zahl der Scheidungen in Bayern wird weniger. Vergangenes Jahr waren es mit 19272 um 2,8 Prozent weniger als 2022 und ein Drittel weniger als beim Höchststand 2003. Dennoch wird mittlerweile fast jede zweite Ehe geschieden – meist zwischen dem vierten und siebten Ehejahr.
Am Ende bleiben oft nur Scherben – auch wirtschaftlich. Durch einen Ehevertrag lässt sich das verhindern, rät Renate Maltry, Fachanwältin für Erb- und Familienrecht in München. In unserer Zeitung erklärt sie, was man wissen muss.
Wer braucht einen Ehevertrag? Und welche Vorteile hat er?
Wenn Paare sich vom Gesetz frei und unabhängig machen wollen und individuelle Regeln für eine Trennung und Scheidung aufstellen wollen, brauchen sie einen Ehevertrag. Er ist zwar nicht zwingend notwendig, aber oft sinnvoll und hat unschlagbare Vorteile, denn er schafft Klarheit für eine eventuelle Trennung und Scheidung. Er wird oft von Paaren gewünscht, die ihre Ehe partnerschaftlich, fair und transparent gestalten wollen. Ziel ist es, spätere Auseinandersetzungen und Konflikte zu vermeiden.
Was gilt für Menschen, die keinen Ehevertrag haben?
Für Menschen, die keinen Ehevertrag haben, gelten die gesetzlichen Bestimmungen, das heißt, bei einer Scheidung wird der Zugewinn berechnet und ausgeglichen, Unterhalt nach den gesetzlichen Vorgaben bezahlt und der Versorgungsausgleich durchgeführt.
Sind Eheverträge eher etwas für Normalverdiener – oder für Wohlhabende?
Eheverträge sind sicher immer wichtig für „Wohlhabende“. Wenn beide bei Eheschließung schon erhebliches Vermögen und Immobilienbesitz oder andere wertvolle Vermögenswerte, zum Beispiel Oldtimer oder Kunstwerke, haben, kann ein Ehevertrag festlegen, was in den Zugewinn einfließt oder auch, wie mit Erträgen aus dem eingebrachten Vermögen umgegangen wird. Notwendig ist ein Ehevertrag immer, wenn ein Ehegatte Unternehmer oder selbstständig ist. Dann können Regelungen getroffen werden, die im Fall der Trennung und Scheidung die Zerschlagung des Unternehmens verhindern. Auch die Vermischung von privatem und betrieblichem Vermögen sollte klar getrennt werden.
Junge Paare legen heute großen Wert darauf, dass ihr zu erwartendes Erbe oder Schenkungen aus den eigenen Familien auch bei ihnen verbleiben und nicht in den Zugewinn einfließen. Dann wird dieses ererbte Vermögen aus dem Zugewinn herausgenommen und eine modifizierte Zugewinngemeinschaft begründet.
Eheverträge sind aber auch etwas für Normalverdiener, wenn zum Beispiel ein Ehegatte wegen Carearbeit zu Hause bleibt. Dann kann zum Beispiel der finanzielle Nachteil ausgeglichen werden, den der betreuende Ehegatte hat. Das schafft Zufriedenheit, schon während der bestehenden Ehe. Damit versucht man auch Altersarmut beim kinderbetreuenden Ehegatten zu verhindern. Sinnvoll ist der Ehevertrag in dieser Situation immer, wenn große Einkommensunterschiede bestehen.
Welche Punkte sollten in einem Ehevertrag stehen?
Vereinbarungen zum Güterstand sind einer der Schwerpunkte, aber auch die gesamte Vermögensauseinandersetzung. Unterhaltsregelungen spielen gerade bei Kinderbetreuung eine große Rolle. Hier werden gerne Modifizierungen zu den gesetzlichen Regelungen getroffen. Der gänzliche oder teilweise Ausschluss des Versorgungsausgleichs bedarf zur Wirksamkeit immer eines Äquivalents. Auch erbrechtliche Aspekte sollten nicht vergessen werden.
Kann man einen Ehevertrag selbst gestalten? Oder muss man zum Anwalt?
Ein Ehevertrag bedarf gemäß Paragraf 1410 BGB der notariellen Beurkundung. Dies ist gesetzlich so vorgeschrieben. Da Notare nicht beraten und auch nicht die Erfahrung bei späteren Scheidungsauseinandersetzungen haben, sollte man vorab anwaltliche Beratung einholen. Viele Anwälte gestalten den Vertrag, der dann zu beurkunden ist, selbst.
Wie bewerten Sie Vordrucke zu Eheverträgen aus dem Internet?
Vorlagen können helfen, sich über Gestaltungsmöglichkeiten zu informieren, sie ersetzen aber nicht die individuelle Beratung. Es ist immer von Vorteil, gewisse Kenntnis zu haben. Die mangelnde Kenntnis der Zusammenhänge und Auswirkungen auf andere Bereiche kann Gefahren bringen.
Welche Beispiele gibt es für gelungene Eheverträge?
Sie sind hilfreich, um langjährigen Streit zu vermeiden und ausgewogene Ergebnisse zwischen Ehegatten zu erzielen. Ein „Klassiker“ ist, wenn ein Ehegatte ein Unternehmen hat, die Frau auf Zugewinn aus dem Unternehmen verzichtet hat und beim Ehemann angestellt war. Wenn er keine Rentenanwartschaften während der Ehezeit erwirbt, müsste sie, obwohl sie auf den Zugewinn verzichtet hat, ihre Rentenanwartschaften mit ihm teilen. Hier wird dann meist der Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleiches erklärt. Der häufige Streit um das gemeinsame Wohnhaus kann mit der Einräumung eines Wohnrechts, solange Kinder in Ausbildung sind, und anschließendem gemeinsamen Verkauf beendet werden.
Hinweis
In der Sendung „Notizblock“ auf Bayern 2 beantwortet Renate Maltry heute Mittag live am Telefon Fragen zum Ehevertrag.