MÜNCHNER FREIHEIT

Marmelade am Morgen vertreibt die Sorgen

von Redaktion

Das war jüngst ja nun wirklich eine Horror-Meldung: Das Marmeladenbrot stirbt aus! Der arme Paddington-Bär! Erst stirbt seine prominente Teatime-Partnerin, dann ist seine geliebte Tante Lucy in Peru plötzlich verschwunden und jetzt soll auch noch sein obligatorisches Marmeladenbrot vor dem Aus stehen. Was soll der nette Bär denn künftig für Notfälle noch unter dem roten Hut haben? Ein Schinken-Käse-Sandwich? Und wie sollen Kinder in ein paar Jahren noch den Sketch mit Queen Elizabeth II. lustig finden können, wenn sie gar keine Marmeladenbrote mehr kennen? Ach so, ja. Mein armer Mann, der sich jeden Morgen mir gegenüber seinem süßen Aufstrich widmet. Dem es auch völlig – fast hätte ich „wurscht“ gesagt – egal ist, ob er der aussterbenden Art der Marmeladen-Esser angehört oder ob es sich um Konfitüre, Gelee oder zitronige Jam handelt. Hauptsache, es schmeckt. Seine Kampfansage: Sollten die Hersteller keine Marmelade mehr produzieren, würde er sie eben selbst produzieren – nach Omas altem Einkoch-Rezept.

Aber warum das ganze Theater? Weil die junge Generation anders frühstückt! Kaum noch zu Hause und dann meist nur noch mit Kaffee, allenfalls ein Müsli dazu, haben die Marktforscher ausbaldowert. Aber eigentlich lieber schnell, schnell. Also Frühstück to go. Haben Sie schon mal im Gehen etwas gegessen, das gerne aus eigenem Antrieb in Bewegung gerät? Endet meist mit einer Sauerei, das kann ich aus Erfahrung sagen. Und damit muss man dann den ganzen Tag rumlaufen und kann sich gewisser Bemerkungen, vor allem von freundlichen Kollegen, sicher sein. Deshalb ist bei „to go“ eben keine Marmelade drin.

Spätestens mit dem Betreten des ÖPNV in der Früh würde die Gefahr ins Unermessliche steigen, dass man die Kontrolle über ein beschmiertes Brötchen in seinen Händen völlig verliert. Dann klebt es vielleicht sogar bei der Nachbarin an der schicken Jacke. Wie blamabel! Aber in so einer engen Morgen-S-Bahn fehlt einfach der Platz, dass das Marmeladenbrot auf den Boden fällt. Dort würde es – das wissen wir inzwischen ja alle – auf seiner Marmeladenseite landen. Um die Peinlichkeit zu überbrücken, könnte man das natürlich für die Schüler in der Bahn zu einer schnellen Physik-Lehrstunde ausbauen. Habe ich mit Absicht gemacht, damit Ihr noch was lernen könnt… Mit einem runtergefallenen Marmeladenbrot kann man Kindern Schwerkraft und Drehimpuls so was von anschaulich erklären – wenn sie einem denn überhaupt zuhören würden.

Beim zweiten Thema habe ich übrigens selbst noch einen gewissen Nachholbedarf. Denn bislang plumpsten meine Brote immer nur von normal hohen Tischen runter. Und diese Fallstrecke reicht halt nur für eine halbe Drehung. Von einem Tisch mit einer Höhe von über 130 cm würde das fallende Brot mit der beschmierten Seite nach oben landen. Behaupten jedenfalls Physiker. Aber wer hat schon so einen hohen Tisch oder gar eine Eingangshalle zu Hause, um das ausprobieren zu können? Wenn es nun aber bald keine Marmeladenbrote mehr gibt, muss ich das mit dem Drehimpuls ganz schnell noch mal nachprüfen. Deshalb werde ich mir jetzt ein Marmeladenbrot schmieren und in den Wald fahren. Dort schmeiße ich dann meine Brotzeit vom nächsten Hochsitz. Wehe, das funktioniert nicht! Dann kann mir die ganze Marmelade echt gestohlen bleiben.

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