An der Theodor-Dombart- und den umliegenden Straßen sind Wohnungen aus der Sozialbindung gefallen. © Google
Innerhalb von vier Jahren erhöhte Dawonia die Miete von Brigitte Z. um 63 Prozent. © Achim Schmidt
„Plötzlich muss ich jeden Monat rechnen. Sehr viel mehr Miete geht jetzt nicht mehr.“ So trocken kommentiert Brigitte Z. die drei Mieterhöhungen, die sie seit Januar 2021 bekommen hat. Die Rentnerin (70) wohnt in Schwabing im Berliner Viertel nahe dem Nordfriedhof, wo vor mehr als drei Jahren rund 50 Wohnungen der Dawonia aus der sozialen Bindung fielen. Seither ist Z.s Miete um 63 Prozent gestiegen. Viele Bewohner sind am Ende ihrer finanziellen Kräfte – und protestieren nun öffentlich gegen die jüngste Erhöhung. „Wir haben als Angestellte und Rentner mit den Folgen der Wirtschaftskrise zu kämpfen“, schreiben sie in einem Brief an die Dawonia. „Mit der von Ihnen geschürten Mietinflation nehmen Sie uns die Luft zum Atmen.“
Die Erhöhung ist legal. „Wir bewegen uns innerhalb der gesetzlichen Regelung“, heißt es von der Dawonia. Maximilian Rathke, stellvertretender Vorsitzender der Mietergewerkschaft Deutschland, erklärt, wie die irre Steigerung zustande kommt: „Zunächst wurden die Mieten im Januar 2021 um 15 Prozent an die ortsüblichen Mieten angepasst. Aus 488,45 wurden bei Brigitte Z. somit 561,71 Euro Kaltmiete für 84 Quadratmeter. Dann wurde modernisiert, im Januar 2024 kam eine Modernisierungsumlage – für Frau Z. wurden ab da 712,53 Euro fällig. Von dieser Miete sollen nun diesen Dezember nochmal 11 Prozent aufgeschlagen werden. Frau Z. müsste dann 796,78 Euro kalt zahlen.“
Damit folgen die Mieten im Berliner Viertel einem ohnehin zu beobachtenden Trend: Wohnen in Deutschland wird laufend teurer, meldet auch der Verband der Pfandbriefbanken, die durchschnittlichen Neuvertragsmieten in Mehrfamilienhäusern stiegen im Vergleich zum vergangenen Jahr wieder um 5,6 Prozent.
Brigitte Z., die mit ihrem Lebensgefährten zusammen wohnt, ist ehemalige medizinische Fachangestellte und kommt mit ihrer Rente gerade so zurecht, wie sie sagt. „Ich war halt seit fünf Jahren nicht mehr im Urlaub. Ich kenne aber Nachbarn, die es sehr viel schwerer haben. Eine alleinstehende Dame nebenan muss jetzt Wohngeld beantragen, eine andere hat bereits einen Untermieter suchen müssen.“
Verzweifelt sind die Mieter aber auch langsam, weil die Dawonia trotz Mieterhöhungen gleichzeitig die Reparaturen am Haus nicht in den Griff bekomme. So falle immer wieder das Warmwasser aus, zuletzt zehn Tage im Oktober. Die Heizung funktioniere oft nicht – vergangenen Winter ganze vier Wochen. Die Modernisierungsmaßnahmen seien nicht ordentlich durchgeführt worden, kritisieren die Mieter in ihrem Brief, unter anderem würden Türen nicht mehr schließen, Steinplatten seinen zerbrochen, der Müll würde nicht beseitigt. Zudem fehlten immer noch Belege für die umgelegten Kosten.
Sowohl die Mieter als auch die Dawonia bestätigen, dass man im Gespräch miteinander sei. Doch nach der letzten Erhöhung ist das Maß voll. „Wir glauben, dass Sie zu der Sorte Mensch zählen, die nicht freiwillig bereit ist, mehr zu geben, um am Ende weniger zu bekommen“, schließen die Mieter ihren Brief. „Sie werden verstehen, dass wir genauso gestrickt sind. Deshalb ist für uns eine Mieterhöhung unter diesen Umständen inakzeptabel.“
ISABEL WINKLBAUER