Die Schaltzentrale der Bitcoin-Mafia

von Redaktion

Zahlreiche Fälle von Anlagebetrug: Razzia im Kosovo – Viele Opfer in Bayern

Dieses Bargeld beschlagnahmten die Ermittler.

Der Bitcoin steht auf einem Rekordhoch.

Die Schaltzentrale: Ein Betrüger-Büro im Kosovo – mit Poster des Hollywood-Films „The Wolf of Wall Street“. © ZCB, Jantz, Imago

Betrugsfalle Bitcoin-Boom: Die Fälle von Anlagebetrug nehmen in Deutschland immer mehr zu. Weil Betrügerbanden ihre Opfer jetzt mit der erfolgreichen Kryptowährung ködern.

Rund 102 000 Dollar (etwa 98 000 Euro) kostete gestern ein Bitcoin – Rekord! Das fördert die Gier, und die macht oft blind. Oberstaatsanwalt Nino Goldbeck von der Zentralstelle Cybercrime Bayern (ZCB): „Das Anzeigenaufkommen ist trotz aller Erfolge, trotz aller Festnahmen weiterhin auf sehr hohem Niveau, sogar noch steigend.“ Goldbeck: „Die aktuellen Lockmittel sind moderne Anlageprodukte, die angeblich durch Künstliche Intelligenz optimiert sind, und natürlich der Bitcoin-Boom.“

Goldbeck und seine Ermittler nahmen erst Ende November im Kosovo 20 mutmaßliche Betrüger fest. Die gehörten laut ZCB zu einer Bande, die 350 Deutsche um rund 15 Millionen Euro geprellt haben soll. Goldbeck: „Der überwiegende Teil der Opfer stammt aus Bayern.“

Die Masche: Die Banden machen im Internet Werbung für angeblich hochprofitable Anlagen. Naive Anleger sehen ihr Geld nie wieder. So auch im Kosovo-Fall. Die Bande soll seit 2017 mehr als zwei Dutzend betrügerische Trading-Plattformen mit Namen wie Banqoin, OptionFX, IQToro, ProToro oder TradoFX im Internet betrieben haben – aus durchaus modernen Büros unter anderem in der Hauptstadt Pristina.

Top-Ermittler Nino Goldbeck: „Insbesondere zu Beginn der Geschäftsbeziehung wurden ihnen beträchtliche Gewinne wahrheitswidrig vorgespiegelt. Auch unter Einsatz simulierter, professionell wirkender Charts wurde bei den Anlegern der Eindruck erweckt, durch weitere Investitionen den erzielten Gewinn noch um ein Vielfaches steigern zu können. Tatsächlich wurden die investierten Gelder jedoch niemals angelegt, sondern wanderten ausnahmslos in die Taschen der Betrüger.“ Den höchsten Einzelschaden erlitt eine Anlegerin aus Nordrhein-Westfalen. Sie wurde laut Goldbeck um knapp 1,9 Millionen Euro betrogen. Ein anderer verlor 1,3 Millionen Euro.

Das Geld – weltweit sind es laut Ermittlern Milliarden – fließt in die Taschen der Banden. Und die lassen es sich damit gut gehen. Die Ermittler beschlagnahmten im Kosovo bündelweise Bargeld und fünf Nobelautos – darunter ein Porsche Cayenne und zwei Audi A6.

Die Banden sind hochprofessionell, führen ihre kriminellen Geschäfte wie echte Firmen – manche haben eigene Personalabteilungen. Anfänger werden psychologisch geschult, arbeiten nach eigens angelegtem Gesprächsleitfaden für mehr Erfolg. Der Kosovo ist laut Goldbeck ein bevorzugter Standort für Anlage-Attacken gegen Deutsche: „Dort hatten wir schon im Frühjahr 2021 einen sehr großen Zugriff gegen mehrere Banden. Ein Grund kann sein, dass viele junge Kosovaren aufgrund der Balkankriege in Deutschland aufgewachsen sind und daher sehr gut Deutsch sprechen. Sie können also bei deutschsprachigen Kunden an vorderster Betrugsfront als vermeintliche Finanzexperten auftreten.“

Auffällig: Über dem Arbeitsplatz eines führenden Banden-Mitarbeiters hing ein großes Poster des Hollywood-Films „The Wolf of Wall Street“. Darin spielt Superstar Leonardo di Caprio einen ausgebufften Finanz-Abzocker. Goldbeck: „Der Film ist für viele Mitglieder dieser Gruppierungen das absolute Vorbild. Viele Anfänger müssen sich den Film ansehen, viele nannten sich selbst nach dem Streifen – so hatten wir schon den Täterkomplex ,Wolf of Sofia‘, ein Ukrainer nannte sich selbst ,Wolf of Kiew‘.“ Und jetzt auch noch der „Wolf of Kosovo“…
THOMAS GAUTIER

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