Fordert besseres Durchgreifen: CSU-Stadträtin Alexandra Gaßmann.
Eine Bettlerin lehnt am Laimer Platz an einem Stromkasten. © Markus Götzfried (2)
Die Geschäftsleute wollen nicht offen reden. Zu groß ist die Angst vor der „Bettel-Mafia“. So nennen Händler die Bettler, die täglich die Straßen rund um den Laimer Platz besetzen.
An der Kreuzung Fürstenrieder-/Gotthardstraße sitzen nach Angaben der Händler täglich vier Bettler. Ein Akkordeonspieler vor der Stadtbibliothek, eine Frau vor einem Metzger, eine weitere am Supermarkt und eine dritte am Reformhaus. Die Händler sind sauer: „Das geht seit Jahren so. In der Früh kommt ein schwarzer Mercedes-Bus mit rumänischem Kennzeichen. Die steigen aus und verteilen sich. Jeden Tag“, sagt einer. „Hin und wieder kommt einer vorbei in einem dicken Mercedes und sammelt das Geld ein. Das ist eine Mafia.“
Beim Betteln sei es nicht geblieben, sagt ein Geschäftsmann. „Wir hatten hier schon halbe Schlägereien. Einer kam in meinen Laden und bettelte die Kunden an. Ich musste ihn packen und rausschmeißen.“
Betteln ist in München ein großes Problem: Immer wieder gebe es „massive Beschwerden“ von Bürgern, schreibt die Stadt im Netz. „Denn die Formen des Bettelns werden immer drastischer: Bettler verstellen Gehwege, pöbeln Bürgerinnen und Bürger an, halten sie fest oder betteln mit Kindern und Tieren.“ Generell verboten ist es aber nicht – außer in der Fußgängerzone (s. Kasten).
Viele Händler am Laimer Platz fragen sich: Warum ist Betteln im innersten Stadtzentrum verboten, in den Stadtvierteln aber nicht? „Man muss das stadtweit verbieten“, fordert eine Geschäftsfrau vor Ort. Für sie sei das schlichtweg illegal: „Wir arbeiten und zahlen korrekt Steuern. Die Banden kassieren das Geld der Bürger ab und zahlen gar nichts.“
Der Polizei ist das Problem bekannt, so eine Sprecherin auf Anfrage – dagegen vorgehen sei aber zu aufwändig. „In den letzten Jahren gab es ca. zwei Polizeieinsätze pro Monat aufgrund von Bettlern im Bereich der gesamten Fürstenrieder Straße“, so die Sprecherin. Es sei „keine Verschärfung“ festzustellen.
Nach Beschwerden zu Jahresbeginn zeigte die Polizei mehr Präsenz und führte „zahlreiche Kontrollen mit Identitätsfeststellungen und Platzverweisen“ durch. Beamte seien regelmäßig vor Ort. In Laim sei aber nicht klar, ob es wirklich eine kriminelle Bande ist: „Ob ein strafbares Verhalten vorliegt, lässt sich in der polizeilichen Praxis aufgrund hoher rechtlicher Hürden, einem hohen polizeilichen Ermittlungsaufwand und der in der Regel fehlenden Kooperationsbereitschaft der Personengruppen selten klären.“
Zu viel Aufwand? Das will Stadträtin Alexandra Gaßmann (CSU) nicht gelten lassen. Sie will jetzt Taten sehen – nicht nur am Laimer Platz. Gaßmann sagt: „München hat ein großes Herz für Menschen am Rande der Gesellschaft. Die Stadt bietet warme Mittagessen, Schlafplätze oder Aufenthaltsmöglichkeiten am Tag an. Hunderte Münchner engagieren sich ehrenamtlich in diesem Bereich – auch ich persönlich. Doch ein scheinbar gewerbsmäßiges Betteln, das an die Mildtätigkeit der Menschen appelliert, nutzt diese Hilfsbereitschaft aus. Ich verstehe die Not der Menschen, doch das ist definitiv ein Geschäftsmodell. Das Geld bleibt nicht bei ihnen, sondern fließt an Hintermänner. Deshalb sind solche Aktivitäten in München nicht erlaubt. Ich fordere daher ein besseres Durchgreifen, in Laim wie auch an anderen Orten der Stadt!“
THOMAS GAUTIER